Es ist noch gar nicht so lange her, dass in Kleinanzeigen der landwirtschaftlichen Wochenblätter philippinische Frauen offensiv als Ausweg aus der Einsamkeit so manchem bäuerlichen Wohnzimmers beworben wurden. Chris de Stoop meldete sich bei einem dieser Vermittler, sein Debütroman „Ze zijn zo lief, meneer“ handelt von einer internationalen Frauenhändlerbande und hatte nicht nur in Belgien so manche Gesetzesverschärfung und das Ende dieses Businessmodells zur Folge. Es folgten Bücher über das Drogenmilieu, Sexarbeiterinnen, Jihadisten, den Völkermord in Ruanda, Bootsflüchtlinge und die Coronapandemie.
Immer wieder richtet sich sein Blick aber auch auf die Dinge direkt vor seiner Haustür und immer wieder handeln diese Geschichten dann vom Kampf der Kleinen gegen die Großen, von Tradition und Moderne, von Ohnmacht und Ausgeliefertsein. In „De Bres“ erlebt de Stoop aus erster Reihe, wie in seiner Heimat ganze Dörfer der Ausweitung des Antwerpener Hafens weichen müssen und Felder zum letzten Mal bestellt werden.
In dem auch auf Deutsch erschienen „Dit is mijn hof” kehrt de Stoop nach einer Reihe von Schicksalsschlägen auf den leerstehenden elterlichen Hof zurück und wird Zeuge davon, wie abermals bester landwirtschaftlicher Grund und Boden geopfert wird, dieses Mal um Platz für „neue Natur“ zu machen. „Het boek Daniel“ handelt von Jugendlichen, die nichts mit sich selbst anzufangen wissen, und der Ermordung von de Stoops Onkel Daniel, der auf seinem Vierkanthof eigentlich keiner Fliege etwas zu leiden getan hat.
Mit Mord und Totschlag, Brandstiftung und finsteren Machenschaften geht es auch in de Stoops neuestem Roman weiter. Der titelgebende „De Damiaanhoeve“ ist Schauplatz eines Verbrechens, das auch sieben Jahre später nicht aufgeklärt ist. Zwar reimt sich „jeder gewinnt mit Kies“ nicht so schön wie im flämischen Original, schnell wird einem aber schnell klar, dass wahrscheinlich nur diejenige mit der Abbaugenehmigung wirklich vom Kiesabbau profitiert.
Wenn sich dann manche querstellen und einige am Ende vielleicht sogar recht bekommen und als Einzige ihren Hof weiter bewohnen dürfen, trägt das zur dörflichen Harmonie nicht unbedingt bei. Auch wenn die Sympathien klar verteilt sind, macht de Stoop aus höchstwahrscheinlich unschuldig Verdächtigten keine Unschuldslämmer, was letztendlich die Schilderung dessen, was Verdacht und Gerüchte mit einem machen, umso eindrücklicher gestaltet. 240 Seiten kosten 23,99 €.
Tim Jacobsen
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