Manche haben in der Corona-Zeit Netflix leergekuckt, andere mit Duolingo Koreanisch gelernt, Ewald Frie wiederum begab sich mit Hilfe seiner zehn Geschwister auf eine Reise in die eigene Vergangenheit. 1962 in eine Münsteraner Bauernfamilie hineingeboren, ist Frie wie neun seiner Geschwister einen Lebensweg außerhalb der Landwirtschaft gegangen. Die Interviews, die er mit seinen Geschwistern führte und die historischen Quellen, die er beim Verfassen von „Ein Hof und elf Geschwister“ zu Rate zog, können in der Ausarbeitung nicht die zuweilen etwas übertrieben wissenschaftlich wirkende Herangehensweise eines Geschichtsprofessors verhehlen, lassen die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch ziehende Dankbarkeit, Bewunderung und Verehrung der eigenen Mutter aber noch viel eindrücklicher erscheinen. Mit dem Stichwort Strukturwandel ließe sich die Familiengeschichte schnell erzählen, dass hinter dem Höfesterben aber auch immer Schicksale, gescheiterte Träume, Beharrungsmomente sowie Entscheidungen für und wider das Richtige stehen, wird einem bei der Lektüre der 191 luftig gesetzten Seiten zum Preis von 23 € deutlich vor Augen geführt.
Tim Jacobsen
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