Gut 30 m hoch ist der Weihnachtsbaum, mit dem Uli Hoeneß nach einem Jahr Energiekrisenpause zuletzt erneut das Tegernseer Tal erleuchtete. Da sich zu dieser Zeit bereits ein wenig erfolgreicher Fußballsaisonverlauf andeutete, brauchte er für den Spott nicht zu sorgen. Dazu kam, dass fast frühlingshafte Temperaturen weiße Weihnachten verhinderten, anders dann vier Monate später, als der April mehr oder weniger in einem Schneechaos endete.
Ende Mai kam angesichts von mancherorts bis zu 50 cm Hagel nicht nur der Verkehr im Voralpenraum zum Erliegen, auf Rekordniederschläge folgten Jahrhunderthochwasser, besonders im Donaugebiet. Anders in den Jahren zuvor: Zwischen April und August 2018 regnete es in weiten Teilen Deutschlands kaum. Auch in den Folgejahren war es vielerorts zu trocken.
Klimawandel gibt es schon immer, nur jetzt halt nicht länger in der Form „1934 und dann erst 1974 wieder einmal ein zu warmer Winter“
Vorausgegangen waren ein extrem nasser Herbst und Winter, die dazu führten, dass die Ernte von späträumenden Kulturen, wenn überhaupt, nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden konnte und die Herbstbestellung mit Raps und Wintergetreide vielfach unmöglich war – eine Gemengelage, die dem einen und anderen aus der jüngsten Vergangenheit durchaus bekannt vorkommen dürfte.
Der Dürresommer und die starke Ausweitung des Anbaus von ertragsschwächeren Sommergetreiden führten dann in Folge zu erheblichen Ertragseinbußen, am meisten litt darunter der Futterbau. Um in den Veredlungsbetrieben Kosten zu senken, wurden vermehrt Rinder zur Schlachtung gegeben, Bund und Länder stellten Hilfsgelder für die Landwirtschaft bereit.
Das vom Staat in solchen „Katastrophenjahren“ bereitgestellte Geld ist meist aber nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein; gleichzeitig sind die größten Profiteure oftmals diejenigen, die am wenigsten zur Risikovorsorge unternommen haben. Nicht vergessen werden sollte auch, dass angesichts klammer Haushalte staatliche Ad-hoc-Hilfen zukünftig auch eher die Ausnahme als die Regel sein werden.
Flächenausweitungen bei Sojabohnen und Sorghum-Hirse zeigen, wo die Reise hingehen könnte. Doch was helfen trocken- und hitzetolerante Kulturen in kalten Jahren mit Stark- und Dauerregen? Steuerfreie Risikoausgleichsrücklagen könnten helfen, durch magere Jahre zu kommen. In Neuseeland, Australien und Kanada sind sie gängige Praxis. Die von der Bundesregierung im Jahr 2016 beschlossene Gewinnglättungsregelung hinterließ dagegen kaum Spuren.
Auch Zwischenfruchtanbau, konservierende Bodenbearbeitung, Verbesserung der Wasserhaltefähigkeit des Bodens, effiziente Bewässerungs- und Frostschutztechnik und ausreichend dimensionierte Dränung tragen dazu bei, Risiken zu minimieren, die Gefahr eines Ernteverlusts können sie jedoch nicht ausräumen.
260 Jahre nach der Gründung des weltweit ersten Brandversicherungsvereins in den Elbmarschen begann die Mecklenburgische im Jahr 1797, Hagelversicherungen anzubieten, ein erster Schritt in Richtung bessere Absicherung von Flächen und Kulturen gegen witterungsbedingte Gefahren. Unsere Vorreiterrolle in der Risikovorsorge haben wir jedoch verloren:
Während fast alle EU-Staaten ihren Gärtnern und Landwirten einen Zuschuss zu den Prämien für Versicherungen gegen Dürre, Starkregen, Sturm oder Frost zahlen, wird eine solche Förderung in der Bundesrepublik nicht flächendeckend angeboten. Knapp zwei Drittel Prämienzuschuss sollen es in Frankreich und Polen sein.
Auch in den Benelux-Staaten, Italien, Spanien und Portugal sowie weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern wird die Risikoabsicherung stark alimentiert. Dementsprechend stark nachgefragt ist dieses Instrument des Risikomanagements dann auch in diesen Ländern.
Bereits 2019 forderte die Agrarministerkonferenz „einen Prämienzuschuss insbesondere für Sektoren und Risiken vorzusehen, in denen noch kein für die Betriebe wirtschaftlich tragbares Versicherungsangebot am Markt ist oder große Wettbewerbsunterschiede innerhalb der EU bestehen“.
Obwohl die Gemeinsame Agrarpolitik eine Förderung von Mehrgefahrenversicherungen ausdrücklich vorsieht, entstand statt eines großen nationalen Wurfes ein kleinstaatlicher Flickenteppich an Fördertatbeständen. Dabei wäre der finanzielle Aufwand für eine bundesweite Lösung überschaubar:
Die Kosten für eine um die Hälfte bezuschusste Mehrgefahrenversicherung für Ackerkulturen soll bei einem kleinen dreistelligen Millionenbetrag liegen. Kling nach viel Geld, gerade auch in Zeiten, in denen der Bundeshaushalt ein großes Streitthema ist. Dabei geht es dem Fiskus gar nicht so schlecht:
Die Steuereinnahmen steigen immer weiter, schneller sogar als die Preise und auch schneller als das, was Deutschland erwirtschaftet. Allerdings ist das Ganze dann ein bisschen „wie gewonnen, so zerronnen“: die maroden Schienen der Bahn, unsere fehlende Kriegstüchtigkeit, die auf Subventionen beruhende Energiewende und dann natürlich die Schuldenlast, die sich in Zeiten steigender Zinsen verstärkt bemerkbar macht – und schon fehlen 25 Mrd. €.
Die viel zitierten Radwege in Peru werden den Haushalt dabei genau so wenig retten wie Kürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Rund 130 Mrd. € kostet es uns, dass Menschen Renten bekommen, ohne selbst eingezahlt zu haben. Das Bürgergeld liegt mit allem, was dazu gehört, bei rund 40 Mrd. €. Richtig viel Geld also.
Verständlich aber auch, dass schon die Erwähnung des K-Wortes Menschen auf die Barrikaden bringt. Wie aber weiter? Die Vermögenssteuer, den Spitzensteuersatz, die Einkommenssteuer oder doch lieber die Mehrwertsteuer erhöhen? Es gäbe noch einen anderen Weg: Was, wenn wir, statt Abgaben zu erhöhen, doch einfach wieder die Wirtschaft in Gang brächten?
Man mag über die Merkeljahre denken, wie man will. Den ersten ausgeglichenen Haushalt seit 1969 im Jahr 2014 haben wir Wolfgang Schäubles Mutter, einer „schwäbischen Hausfrau“ zu verdanken.
Ich bin mir sicher, dass Gertrud Schäuble im Sinne ihrer kolportierten Vorstellungen zur Führung solider Privathaushalte, die unter Finanzminister Schäuble dann Staatsräson wurden, für eine einheitlich flächendeckende Bezuschussung einer Risikoabsicherung zur Zukunftssicherung unserer Betriebe plädiert hätte. Fördern und Fordern einmal anders.
Tim Jacobsen
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