Die Japanische Zierkirsche steht wie kein zweiter Baum für Frühlingserwachen, sie kündigt wärmere Temperaturen sowie längere Tage an und bringt dabei mehr Menschen um den Verstand als Schneeglöckchenwahn, Narzissenblüte und Tulpenhype zusammengenommen.
Das rosa Blütenglück, das sich Anfang April in der Bonner Altstadt wieder einmal von seiner überbordensten Seite zeigt, versetzt Massen in Verzückung, führt zu Straßensperrungen und genervten Anwohnern.
Hanami und Sakura sind die beiden Worte, die beim Verständnis des Phänomens hilfreich sein können: Sakura, die „Blüte der Kirschen“, also sinnbildlich das Erwachen der Natur nach der Kälte des langen Winters, löst Hanami aus, was übersetzt nichts anderes als „Blüten betrachten“ heißt, nur geht es in Zeiten des Internets natürlich schon lange nicht mehr nur um „sehen“, sondern vor allem um „gesehen werden“.
Im Schlossgarten Schwetzingen, am Berliner Mauerweg mit seinen 1000 Kirschbäumen, dem Magdeburger Holzweg, im Hiroshima-Hain in Hannover, in den Witzenhausener Streuobstwiesen oder im Berchtesgadener Kurgarten: es gibt wahrscheinlich kein Foto mehr, das nicht schon gemacht ist.
Anders als in eher weitläufigen Umgebungen sind in den Straßenschluchten entlang der Bonner Heer- und Dorotheenstraße die Zierkirschen dann aber tatsächlich nicht nur fröhlich stimmende rosa Farbkleckse, sondern wenig später dann auch das einzige Grün weit und breit.
Tim Jacobsen
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