Rob Baan ist schwer zu fassen: sobald man glaubt, jetzt müsste doch eigentlich der Moment gekommen sein, an dem er kurz innehält, verblüfft er sofort mit neuen Aktivitäten. Kurz nach Fertigstellung seines Gewächshausneubaus, der im Verbinder endlich einmal genug Platz für zumindest die spektakulärsten Auszeichnungen der letzten Jahre bietet, ging 24Kitchen on air, ein von ihm initiierter Fernsehsender, der Frischprodukte und ihre Verwendung zum Thema hat.
Vorläufig letzter Streich Baans war sein Auftritt bei TED x Binnenplein, der nicht nur den niederländischen Thronfolger und seine Frau begeistern konnte. Baan machte dabei auf das Missverhältnis aufmerksam, dass Schokoladenriegelfabrikanten ihre Produkte mit dem Energiegehalt bewerben können, die gesundheitsfördernde Wirkung von Brokkoli beispielsweise jedoch verschwiegen werden muss. Baan forderte dazu auf, dass, anders als bisher, nicht Gesundheitsrisiken und Krankheiten, sondern die positiven Auswirkungen gesunder Ernährung im öffentlichen Fokus stehen sollten. Sichtbares Zeichen könnte die Einrichtung eines Ministeriums für Ernährung und Gesundheit sein.
Vorläufig letzter Streich Baans war sein Auftritt bei TED x Binnenplein, der nicht nur den niederländischen Thronfolger und seine Frau begeistern konnte
Tim Jacobsen
Wenige Tage zuvor hatte Dr. Andreas Brügger vom Deutschen Fruchthandelsverband beim Deutschen Obst- und Gemüsekongress in Düsseldorf Zahlen präsentiert, die belegten, dass in Deutschland sowohl bei der Einkaufsmenge pro Haushalt als auch beim Pro-Kopf-Verbrauch von Obst und Gemüse die Trendlinien rückläufig sind und wir uns von der empfohlenen Verzehrsmenge weiter denn je entfernen.
Dies, obwohl Obst und Gemüse zu den Favoriten des Handels zählen, wie Helmut Hübsch vom Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK zuvor erläutert hatte. Nicht nur liegen Obst- und Gemüse fast gleichauf mit dem Spitzenreiter Molkereiprodukte, was ihren Anteil bei den so genannten Frische-Warengruppe-Artikeln mit großer Kaufhäufigkeit (FMCG) angeht.
Nimmt man neudeutsch Shoppertraffic als Maßstab, lag die Warengruppe Obst und Gemüse letztes Jahr sogar an erster Stelle. Im Frühjahr 2011 machte die Consumer Index für Obst und Gemüse genannte Kennzahl in den Monaten Januar bis April Hübsch zufolge selbst mit positiven Veränderungsraten sowohl gegenüber dem Vorjahr als auch gegenüber der Gesamtentwicklung für die Fast Moving Consumer Goods auf sich aufmerksam.
Die wenigen Wochen zwischen den Bildschlagzeilen „Lebensgefährlicher Erreger infiziert 20 Menschen!“ und „EHEC: Ist jetzt alles vorbei?“ genügten dann allerdings, die Absatzmengen bei Gurken, Tomaten, Salaten und Blattgemüsen von Woche 20 auf Woche 22 teilweise deutlich mehr als nur zu halbieren. Während sich bei Strauchtomaten beispielsweise dann die Situation ab Woche 26 deutlich entspannte, erreichte der Gurkenmarkt erst Ende August wieder das Niveau der vorangegangen Jahre. Salate und Blattgemüse kamen im von Hübsch präsentierten ConsumerScan Ende Juli wieder in den Bereich der Kennzahlen des langjährigen Mittels.
Interessant wird es, wenn man die monatlichen Durchschnittstemperaturen mit denen des langjährigen Mittels vergleicht und diesen Kurven dann wiederum die Abverkaufsentwicklung gegenüberstellt. Hübsch zeigte die Auswirkungen des im langjährigen Vergleich deutlich zu kühlen Monats Mai 2010 auf die Absatzentwicklung bei Erdbeeren und Spargel, die der vergleichsweise warme Juni im selben Jahr dann wiederum teilweise wettmachen konnte und verglich diese Entwicklungen mit den letztjährigen Wetterdaten. Ein vergleichsweise warmes Frühjahr führte 2011 dazu, dass die Abverkaufsentwicklung bei Erdbeeren im Mai 2011 knapp das Doppelte der Tonnage aus dem Jahr zuvor ergab.
Die Salate starteten im April 2010 mit einer im Vergleich zu 2011 rund 10 % niedrigeren Tonnage in die Frühjahrssaison. Ein Temperatursturz deutlich unter das langjährige Mittel führte im Mai 2010 wiederum zu einem Rückgang des Abverkaufs, ein Trend der sich im vergleichsweise warmen Juni fortsetzte und erst mit den hochsommerlichen Temperaturen im Juli 2010 wieder umkehrte. 2011 starteten die Salate bei salatfreundlichen Klimabedingungen, von April bis Juni kommt es Hübsch zufolge zu einer Halbierung des Absatzes. Im Juli 2011 wiederum, als die Temperaturen anders als im Jahr zuvor unter das langjährige Mittel fallen, kommt es zu einer Umkehr des Trends – im August schließlich stabilisiert sich der Absatz auf dem Niveau des Vorjahres.
Zu kämpfen hatten im letzten Jahr auch die traditionellen Sommerprofiteure in den Getränkemärkten und an den Frischfleischtheken, die zwischendurch Absatzrückgänge von 14 bzw. 30 % verzeichnen mussten. Aber ähnlich wie sich die letztes Frühjahr zwischendurch sprunghaft angestiegene Beliebtheit des Fachhandels als Einkaufsstätte für Obst und Gemüse wieder nivelliert hat, gleicht sich auch der bio-Kf-Index wieder den Zahlen des Vorjahres an.
Zum einen sind das gute Nachrichten, da es zeigt, dass die Gedanken der Konsumenten schnell wieder mit anderen Dingen beschäftigt sind und sich auch Extreme relativ schnell wieder einpendeln. Zum anderen beweist es einmal mehr, wie abhängig wir vom Wetter und anderen Variablen sind, auf die wir kaum Einfluss haben – genauso wenig wie auf das Konsumklima, das sich zwar seit Anfang 2010 stetig stabilisiert hat, die konsumfreundlichen Rahmendaten aber unter den gegenwärtigen Voraussetzungen jederzeit ein jähes Ende finden können.
Tim Jacobsen
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