Fast wie im richtigen Leben: nach einem Hoffnung-machenden Start und der allgegenwärtigen „wir schaffen das“-Euphorie des letzten Frühjahrs kam mit dem Sommer 2020 eine Phase der Verdrängung – alles schien im Griff und die Pandemie fern. Spätestens mit dem Jahreswechsel kippte das Ganze, eine allgemeine Gereiztheit ersetzte Zuversicht. Statt sich über jede Impfung zu freuen, wurde jede Impfung kritisch hinterfragt. Statt Pragmatismus vorherrschen zu lassen, wanderten Impfdosen in den Papierkorb.

Anders als bei Kinderlähmung, die in unseren Breiten als besiegt gilt, wird es den Experten zufolge im Fall von Corona auf ein sogenanntes pandemisches Gleichgewicht hinauslaufen: die Bedrohungslage wird ein Stück weit Normalität werden. Und so war dann auch jede Anstrengung, die jetzt und in den letzten Monaten unternommen wurde, keinesfalls vergeben – sondern wird der Weg in die Zukunft sein. Und in dieser werden die Desinfektionsspender vielleicht nicht mehr ganz so prominent platziert sein, aus den Auflagenkatalogen der Zertifizierer werden sie mit Sicherheit aber nicht wieder verschwinden.

Es ist zu vermuten, dass auch die Auflagen für die Unterbringung von Saisonarbeitskräften und die vielen Verschärfungen der Arbeitsalltagsorganisation nicht wieder gelockert, sondern vielmehr auch ein Stück weit Normalität werden. Und so hätte das Hängen und Würgen der letzten Monate letztendlich doch noch zumindest etwas Gutes gehabt: ein Stück krisenfester geworden ist es zwar noch zu früh, einer strahlenden Zukunft entgegen zu blicken; Grund dafür, sich über die Morgenröte am Horizont freuen zu dürfen gibt es jedoch allemal.

Tim Jacobsen