Beim letzten prae-Corona OECD Better Life Index kam Deutschland auf ein Pro-Kopf-Einkommen von 33 652 US-$ pro Jahr, Finnland lag bei 29 374 US-$. Deutschland damit über dem OECD-Durchschnitt von 30 563 US-$ pro Jahr und Finnland etwas darunter. Andere Statistiken sehen Finnland ein kleines bisschen weiter vor Deutschland, es gibt also allen Grund anzunehmen, dass sich die Durchschnittseinkommen nicht weit unterscheiden.
Dass im finnischen Straßenbild Luxuslimousinen eher selten zu sehen sind, heißt dann auch nicht, dass die Einkommen gleicher verteilt sind als bei uns, sondern ist wahrscheinlich eher Ausdruck einer zurückhaltenderen Mentalität. Nachdem wir an anderer Stelle schon von einem Erdbeerproduzenten berichtet haben, der während der Hauptsaison im Supermarkt noch stets 7,90 € für seine süßen Früchtchen realisieren kann – und dies wohlbemerkt nicht für ein Kilogramm, sondern ein 500 g Schälchen – hier nun der Blick in einen Blumenladen.
Zwischen einem Pizzaexpress, einem Haushaltswarengeschäft und einer Supermarktfiliale ist Kukkakauppa Madonna an der Mariankatu nun nicht unbedingt eine der Topadressen in der finnischen Hauptstadt, sondern insgesamt vielleicht eher im gehobenen Mittelfeld angesiedelt. Spannend ist dann ein Rückblick auf die 51-jährige Unternehmensgeschichte: Es waren die Nachkriegsjahrzehnte, in denen viele Finnen die neu erlangte Freizügigkeit innerhalb des nordischen Wirtschaftraum nutzten, um besser bezahlte Arbeitsplätze in Schweden zu suchen.
Bis weit in die 1980er Jahre hinein konnte der finnische Lebensstandard nicht mit demjenigen im wohlhabenderen Schweden konkurrieren und mit dem Zerfall der Sowjetunion folgte Anfang der 1990er Jahre der nächste Rückschlag. Das Land durchlief eine schwere Wirtschaftskrise, zeitweilig waren bis zu 20 % der Erwerbstätigen arbeitslos. Aber auch davon erholte sich die finnische Wirtschaft: Ob Finnland den Phoenix-artigen Aufstieg des Landes wirklich Nokia zu verdanken hat oder ob umgekehrt Nokia das keineswegs zufällige Produkt einer klugen Wirtschaftspolitik war, wird noch Generationen von wissenschaftlichen Arbeiten füllen.
Unsere Kukkakauppa Madonna konnte sich durch all die Jahre hin behaupten, und hat dies nicht nur, aber auch ihrer Kundenorientierung zu verdanken und so bleibt dann auch heutzutage kein Wunsch unerfüllt: „In unserem Blumenladen finden Sie Blumen, die genau zu Ihnen passen, für jeden Tag, für Hochzeiten und Partys. Auch Schnitt- und Topfblumen sowie alle floristischen Bindearbeiten sind möglich. Für den Transport in die Hauptstadtregion bietet unser Geschäft einen Lieferservice, mit Interflora geht es auch in andere Teile Finnlands oder ins Ausland.“
Hochzeitsbögen und elegante Brautsträuße gibt es genauso wie Kränze für Partys, Taufen und Beerdigungen sowie Sträuße im Wochenabo: „Die Blume der Woche kann ganz nach Ihrer Wahl ein Blumenstrauß, ein Gesteck oder eine Topfblume sein.“ Im digital-affinen Finnland können auf Wunsch Bestellungen natürlich auch kontaktlos über Datenleitungen abgewickelt werden.
Ist das dann alles für sich genommen schon einigermaßen eindrucksvoll, fällt der deutsche Discountpreise gewöhnte Tourist fast vom Glauben ab: Maljaköynnös, bei uns besser bekannt als Mandevilla gehen in überschaubarer Größe für 45 € über den Tresen, die leicht übersetzbaren Pelargoni in nicht unbedingt Topqualität für schlappe 15 €. Da trifft es sich gut, wenn es dann die Pelargonie zusammen mit dem Übertopf zum Setpreis gibt: der Topf kostet solo 7,50 €, klar dass es dann für Beides gemeinsam mit 22,50 € keinen Sonderpreis gibt.
Tim Jacobsen
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