"Now, here, you see, it takes all the running you can do, to keep in the same place. If you want to get somewhere else, you must run at least twice as fast as that!"

Kategorie: Gemüse (Seite 3 von 6)

Kampf der Titanen, David und Goliath sind auch dabei

Vor gut einem Jahr begannen in den Supermarktregalen der in der Allianz Agecore zusammengeschlossenen Filialisten allmählich die Nestléprodukte auszugehen: Um ein bisschen mehr von den Profiten zu erhalten, die Weltkonzerne wie Nestlé ihrer Ansicht nach auch mit den Leistungen der Händler verdienen, hatten sechs mittelständisch geprägte Handelsgruppen erst eine Allianz geschmiedet, um danach geeint den Konditionenstreit anzugehen. Mit „unser Anspruch ist es, Ihnen alle Produkte nicht nur in bester Qualität sondern auch zu einem attraktiven Preis-Leistungsverhältnis anzubieten. Leider konnten wir in diesem Punkt mit Nestlé bislang keine Einigung erzielen“ hatte Edeka bei seinen Kunden um Verständnis für die Auslistung geworben und auf Alternativen aus dem Eigenmarkensortiment verwiesen. Auf der Jahrestagung der genossenschaftlich organisierten Einzelhändler ließ die Edeka-Führung im Juni keine Zweifel daran aufkommen, dass sich die harte Tour gelohnt habe und so ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass mittlerweile auch die britische Tesco ihre Einkaufsaktivitäten mit der französischen Carrefour gebündelt hat.

Im Rahmen der regelmäßigen Preisverhandlungen zwischen Händlern und Herstellern sind vorübergehende Auslistungen von Produkten überhaupt nichts Ungewöhnliches. Auch die Hersteller stoppen mitunter ihre Lieferungen. So mussten Kunden der Supermarktkette Real im Sommer 2015 zeitweise vergeblich nach einigen durchaus populären Produkten suchen. Anfang September sagte nun wiederum Kaufland Unilever den Kampf an. Mehr als 10 % Preisaufschlag soll der niederländisch-britische Multi ganz lapidar mit allgemeinen Kostensteigerungen begründet haben – was dem zentralen Leistungsversprechen des zur Schwarz-Gruppe gehörenden Einzelhändlers widersprach, nämlich dem Kunden den „besten Preis“ bieten zu können – und das wohlbemerkt als Vollsortimenter. Wie schnell die ganze Preisdiskussion zum Eigentor werden kann, zeigte im Sommer allerdings Edekas Montagsknüller: Hähnchenschenkel für eineinhalb Euro das Kilo und dann noch von der Initiative Tierwohl abgesegnet stießen nicht nur in den sozialen Netzwerken so manchem sauer auf. Auch der Slogan „Die Zeit ist reif: für Erdbeeren“, mit dem die schweizerische Migros ihre Importerdbeeren zu einem Zeitpunkt bewarb, als die meisten Eidgenossen noch vollauf damit beschäftigt waren, ihre Skiabfahrtskünste zu verbessern, kam nicht gut an.

Der Handel die Bösen ist zu kurz durch die Kurve gedacht

Tim Jacobsen

Natürlich ist es keine originäre Aufgabe des Handels, für den Verbleib der Wertschöpfung in der Region, Saisonalität oder die Einhaltung von Produktionsstandards zu sorgen. Nur wird Eigenwerbung wie das Migros´sche „Aus der Region. Für die Region“ dann schnell zum Hähnchenschenkelmontagsknülleraufreger. Vielleicht aber auch nur theoretisch. Denn von ein bisschen Datenverkehr im Internet abgesehen, scheint es dem Verbraucher im Großen und Ganzen doch zu genügen, wenn ein paar Aufsteller an der Ladentheke davon zeugen, dass auch in der Region selbst Nahrungsmittel produziert werden. Und damit stellt sich zwangsläufig die Frage, ob der Rettungsanker Regionalität denn auch hält. Zumal sich ja sogar eine Nestlé mit Umsätzen von zuletzt 90 Mrd. sfr scheinbar von einer Edeka mit ihren 50 Mrd. € Umsatz in die Knie zwingen lässt. Wie soll dann eine im Vergleich dazu zwangsläufig immer kleine Genossenschaft oder gar der einsame Krauter ums Eck gegen den Handel anstinken können?

Doch halt: Anfang 2017 musste in Großbritannien die Abgabe von Gemüse trotz astronomischer Preise rationiert werden und was haben uns unlängst die Salatgurken gelehrt? Die Menge macht´s – und zwar auch den Preis. Schützenhilfe soll es zudem von der Europäischen Kommission geben: in einer Task Force wird derzeit unlauteren Handelspraktiken hinterhergespürt. Als größtes Problem wird der auch in der Asymmetrie der Handelsbeziehung begründete so genannte Angstfaktor auf Produzentenseite gesehen. Aber ist denn nicht eigentlich und sowieso der Kunde und damit der Verbraucher König? Als Walmart vor drei Jahren bekanntgab, in seinen US-Filialen keine Sturmgewehre mehr verkaufen zu wollen, war das keineswegs die Reaktion des Handelsgigantens auf Columbine und Co., sondern ausschließlich der gesunkenen Nachfrage geschuldet. Es wurden dann auch keine Pflüge aus den Maschinenkarabinern geschmiedet, sie mussten lediglich für Jagdgewehr und Schrotflinte Platz machen. Nur den Verbraucher in die Pflicht zu nehmen greift dann allerdings auch wieder zu kurz: Wenn sich der Montagsknüller einmal im Kopf festgesetzt hat, ist es zwangsläufig schwierig, am Dienstag wieder zur Normalität zurück zu kehren.

Tim Jacobsen

Der Ton macht die Musik

Achtung, fertig, tanzt –wenn mehr als 8000 Menschen nach über fünf Stunden im prallen Sonnenschein lautschreiend minutenlang mit „Ich bin Bauer, Bauer“ ihre Sympathie für die Landwirtschaft bekunden, dann war das Ende Juni 2018 eher nicht die Publikumsreaktion auf die fast zeitgleich von Joachim Rukwied beim Deutschen Bauerntag gehaltene Grundsatzrede, zeigt aber gleichwohl, dass es in Deutschland mehr als nur die eine Landwirtschaften geben muss.

Während sich der Bauerpräsident in Wiesbaden fest davon überzeugt zeigte, dass „gerade wir Landwirte Verlässlichkeit in den agrarpolitischen Rahmenbedingungen brauchen, damit unsere Betriebe in zunehmend volatileren Märkten wettbewerbsfähig bleiben“ und mit „ländliche Räume brauchen Zukunftsperspektiven für die Landwirtschaft, aber auch für andere Wirtschaftsbereiche, vom Handwerk über Dienstleistungen bis hin zu Startups. Gerade für junge Menschen ist das wichtig“ auch noch gleich ein reichlich hypothetisches Patentrezept gegen die Landflucht ins Rennen warf, brauchte Stefan Dettl kein Brüssel, keine EU und auch keine subventionierten Exporte, um für ungleich mehr Begeisterung zu sorgen.

Der Chiemgauer Bandleader brachte auf dem Bonner Kunstraden augenzwinkernd auf den Punkt: Wie leicht zu sehen sei, esse und trinke er nun einmal gerne, seinen Bauchansatz nennt er liebevoll Weissbierspoiler. Nun sei es aber so, dass die leckersten Dinge Dettl zufolge ganz sicher nicht aus den Fabriken der Multinationals kommen, sondern mit Herzblut und Leidenschaft in den im verbandsolympischen „Höher, Schneller, Weiter“ allenfalls am Rande existierenden Unternehmen produziert werden. Und damit in eben jenen Unternehmen, die zwar auch, aber nicht nur von den agrarpolitischen Rahmenbedingungen abhängen und für die Volatilität eher ein Luxusproblem ist. Es seien dann auch genau diese landwirtschaftlichen Unternehmen, die tatsächlich Dienstleistung vor Ort nachfragen, dem Handwerk ein Auskommen sichern und Zukunftsperspektiven für den ländlichen Raum schaffen.

Im Internet kursieren zahlreiche Mitschnitte dieses von Labrassbanda meist als Rausschmeißer kurz vor dem Schlussapplaus intonierten Liedes. Die Videoclips beweisen, dass die Botschaft „klein ist fein und unterstützenswert“ auch über die deutschen Landesgrenzen hinweg auf deutlichen Zuspruch stößt und dies, obwohl sich ja schon gestandene Bayern mehr als nur schwertun, den in atemberaubender Geschwindigkeit abgefeuerten Songtext zu enträtseln.

„Ich bin Bauer, Bauer“

Stefan Dettel

Natürlich sind Grundsatzreden von Joachim Rukwied weder gerapt noch werden sie mit Blech-geblasenen Technobeats unterlegt, dennoch ist es auch bei Dettl weniger der Wortlaut oder das musikalische Brimborium, sondern vielmehr seine Authentizität, die die Dinge, die er von sich gibt, wie große Weisheiten erscheinen lassen. Und so glauben die nicht-Dialekt-Muttersprachler gerne Dettls Eingangs des Konzertes gegebenes Versprechen „es sind schon keine versauten Wörter dabei“.

Faszinierend auch, dass die Geschichte von Labrassbanda eine Geschichte ist, die es so eigentlich gar nicht geben dürfte. Es ist die Geschichte einer musikalischen Idee, die nicht in den großen Musikmetropolen Los Angeles oder London entstand, sondern dort, wo der Gamsbart noch freien Auslauf hat. Und da Dettl auch nach dem rasanten Aufstieg mitten rein ins Rampenlicht seinem Chiemsee die Stange hält, genießt er nicht nur unter der bayerischen Landjugend Heldenstatus: ein charismatischer Typ, der auf dem Dorf lebt, trotzdem cool ist und keiner Feier aus dem Weg geht. Und so ist Labrassbanda auch ein Sinnbild dafür, wie die Sehnsucht nach regionaler Identität gerade in Zeiten von Facebook, Billigflieger und Internet größer wird.

Und so bleibt zu hoffen, dass Julia Klöckners ebenfalls vom Bauerntag stammendes „Bauern erzeugen unsere Mittel zum Leben. Bauern pflegen unsere Kulturlandschaft. Sie sind Träger vieler Traditionen und Innovationen, die unsere Heimat und speziell die ländlichen Regionen prägen. Darauf bin ich stolz. Ich will dafür sorgen, dass wieder mehr Menschen unsere Bauern und unsere Landwirtschaft wertschätzen“ und ihr frommer Wunsch „Ich will eine Landwirtschaft, die stolz ist. Stolz darauf, wirtschaftlich tragfähig und gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Die attraktiv ist für junge Menschen. Die sich selbstbewusst den gesellschaftlichen Debatten stellt“ mehr als nur ministrable Lippenbekenntnisse auf dem Bauerntag waren und in allerletzter Konsequenz dazu führen, dass sich Dettl und Konsorten demnächst an einem anderen unserer vielen ungelösten Problemen abarbeiten können.

Tim Jacobsen

Noch ist nichts verloren

Herrn

Eigentlich ist es ja ganz einfach: soll bei einem Pflanzenschutzmittelwirkstoff die Zulassung verlängert werden, wird die Bewertung des entsprechenden Antrags ähnlich wie bei einer Neuzulassung einem EU-Mitgliedsstaat übertragen. Die zuständigen Behörden des Berichterstatter-Landes erstellen dann einen sog. Bewertungsbericht, der in Folge sowohl von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als auch den anderen Mitgliedsstaaten kommentiert werden kann. Das Ganze mündet dann wiederum in einer Stellungnahme, die anschließend die Grundlage für die Abstimmung des zuständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel ist (SCoPAFF) ist. Dass dabei allerdings nicht immer nur rein wissenschaftliche Aspekte eine Rolle spielen, beweist die Diskussion um die am 31.12.2015 abgelaufene Zulassung für den Wirkstoff Glyphosat.

Das politische Brüssel kann sich zurzeit kaum der Einladungen in die großen Packbetriebe im Süden der Niederlande erwehren

Tim Jacobsen

Dänemark hatte als Rapporteur Member State den zu den Wachstumsregulatoren zählenden Wirkstoff Maleinsäurehydrazid (MH) zur erneuten Bewertung zugeteilt bekommen. Mit dem Zulassungsende am 31.10.2017 noch in weiter Ferne, hatte nach Dänemarks Daumen hoch im Sommer 2015 niemand damit gerechnet, dass die Dinge auch anders kommen könnten. Zumindest so lange nicht, bis die EFSA auf den Plan trat und Ende April 2016 in ihrer Stellungnahme deutlichen Informationsbedarf anmeldete. Irgendwie schien dies aber erst einmal niemanden so richtig zu interessieren, vielleicht musste erst im Herbst die neue Zwiebelernte eingelagert werden, bevor deutlich wurde, wie abhängig zumindest Teile der Zwiebelwelt vom Einsatz dieses Keimhemmers sind.

Um die wirtschaftliche Bedeutung der Problematik zu verstehen, sollte man nicht nur an das Ende der Lagersaison denken: Gerade auch die frühen Zwiebelexporte profitieren von der Behandlung mit MH. Die Feuchtigkeit, die sich zwangsläufig beim Transport aus gemäßigten in wärmere Klimazonen auf den Zwiebeln niederschlägt, führt unbehandelt gewissermaßen zum Verlust jeglicher Keimhemmung. Und natürlich lässt sich die Verfügbarkeit von Zwiebeln bis zur neuen Ernte auch mit Ethylenbegasung oder der Installation von ausgefeiltem technischen Gerät sicherstellen, Problem ist und bleibt aber, dass die Zwiebel dann nach der Auslagerung am besten auch sofort verzehrt werden sollte.

Dies wäre nicht nur, aber vor allem auch auf den Absatzmärkten in den Exportdestinationen mehr als nur ein kleines Problem. Die großen niederländischen Zwiebelexporteure nehmen dann auch kein Blatt vor den Mund: „Wenn wir kein MH mehr benutzen können, ist Ende Dezember die Exportsaison vorbei“, „dann wird ein Großteil der niederländischen Anbau- und Verpackungskapazitäten überflüssig“ und „ohne MH steuern wir auf eine Katastrophe zu“. Und diese „Katastrophe“ hätte nicht nur Auswirkungen auf die direkt Betroffenen. Während es im Anschluss an die Ernte zu einer wahren Zwiebelflut kommen würde, gäbe es dann bspw. in manchen Teilen der Welt zu bestimmten Jahreszeiten schlichtweg keine Zwiebeln mehr zu kaufen, da niemand in der Lage sein wird, die europäischen Zwiebelexporte zu ersetzen.

Auf der Tagesordung der SCoPAFF Section Plant Protection Products – Legislation war für den 23. und 24. Januar 2017 unter Regulations for discussion auch Maleic hydrazide aufgeführt. Was Ende Januar in diesem Gremium genau besprochen wurde, lässt sich nicht in Erfahrung bringen. Nur so viel: Am 15. und 28. Februar wird erneut getagt, in der Sitzung am 22. und 23. März soll schließlich eine Entscheidung fallen. Und um nun im Nachhinein nicht in das Steinbrücksche „hätte, hätte, Fahrradkette“ einstimmen zu müssen, kann es zumindest nicht schaden, möglichst viele Pferde scheu zu machen. Die Kontaktdaten Ihres Europaparlamentsabgeordneten finden Sie unter http://bit.ly/1WpHtfy , die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ist im italienischen Parma zuhause und der deutsche Abgesandte im Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ernannt.

Über den ganzen Aktionismus hinaus, kann es aber mit Sicherheit auch nicht schaden, sektorübergreifend Geld in die Hand zu nehmen, um in einer konzertierten Aktion nach Alternativen für MH zu suchen, um zumindest perspektivisch weniger abhängig von nur einem Wirkstoff zu sein.

Tim Jacobsen

Macht was draus: Klappern gehört zum grünen Handwerk

Stille Wasser sollen angeblich tief sein: Sich rar zu machen, um dadurch interessant zu wirken, mag vor ein, zwei Generationen noch das Geheimrezept für eine erfolgreiche Balz gewesen sein. Heutzutage geht diese Rechnung allerdings nicht mehr auf, zu vielfältig sind die Alternativen – dies gilt für die Liebe genauso wie für Sportgroßereignisse im Buhlen um Aufmerksamkeit oder Berufssparten im Kampf um den Nachwuchs.

So gesehen hat der Produktionsgartenbau dann so einiges gemein mit einer Hochseeregatta. Bis vor wenigen Jahren waren Segelrennen das Meeresäquivalent der 50 km Rennen der Skilangläufer zu Zeiten des Kalten Krieges. Die Wettkämpfe wurden jeweils am Ende einer Sackgasse gestartet, danach verschwanden Läufer und Crews in einem Wald oder hinter dem Horizont, um entweder am selben Punkt oder an einem anderen Sackgassenende in Reihenfolge ihrer Platzierung wieder zum Vorschein zu kommen.

Mittlerweile wurden im Skilanglauf die großen Wälder abgeschafft, die medaillenträchtigen Wettbewerbe ähneln heutzutage Trabrennen mit integriertem Auf und Ab. Neuartige Formate wie die Mixed-Staffelwettbewerbe oder die Kombination verschiedener Lauftechniken haben dazu beigetragen, Skilanglauf gegen äußerst starke Konkurrenz im Hauptprogramm zu halten.

Es geht um Mut, es geht um Leidenschaft, es geht um Stolz – es geht um Menschen, die bereit sind, ein kleines bisschen mehr zu wagen

Tim Jacobsen

Nicht ihren Stellenwert halten, sondern mediale Aufmerksamkeit überhaupt erst gewinnen, mussten die Haudegen der Weltmeere: Vor wenigen Jahren zeigten noch nicht einmal Exotensender in Programmnot Austragungen des America´s Cups. Die Verlegung der Austragungsorte in die Buchten von Auckland, Valencia und San Francisco sorgte dann für Publikum ohne Ende, die Einführung fliegender Katamarane für Spektakel satt und Liveschalten zur besten Sendezeit.

Beim Volvo Ocean Race – der zweitwichtigsten Rennserie auf hoher See – ist eine Verlegung des Veranstaltungsortes nicht möglich, nicht zuletzt lässt sich eine Regatta rund um den Globus nun einmal nicht in einem etwas größeren Hafenbecken durchführen. Auch kämen die Zweirümpfer schnell an ihr Ende, könnte man nicht bei Starkwind die Segel, die in Wirklichkeit vertikal montierte Flügel sind, einfach abmontieren und sicher an Land verstauen; nicht zuletzt gibt es im Südpolarmeer nun einmal keine Versteckmöglichkeiten.

Den Organisatoren des Volvo Ocean Races blieb also nur, das ursprüngliche Format beizubehalten und sich darauf zu konzentrieren, was dieses Rennen so einzigartig macht – um danach dann einmal zu überlegen, wie sich die Jungen und Junggebliebenen denn überhaupt erreichen lassen. Radio, Fernsehen, Zeitung? Kommunikationschef Jon Bramley winkt ab: „Junge Leute sind da kaum noch unterwegs.“

Mit Facebook, YouTube und Twitter dagegen lässt sich nicht nur die Zielgruppe tatsächlich erreichen, der finanzielle Einsatz hält sich auch im Rahmen, solange der Inhalt stimmt – und der ist im Falle des Volvo Ocean Race schnell erzählt, wie Bramley am Rand der `boot´ in Düsseldorf betont: „Es geht um Mut, es geht um Leidenschaft, es geht um Stolz – es geht um Menschen, die bereit sind, ein kleines bisschen mehr zu wagen.“

Den Rennverlauf des vorletzten Volvo Ocean Race verfolgten weltweit 1,6 Mrd. Zuschauer. Das lag mit Sicherheit nicht nur an den bis zu 16 m hohen Wellen, denen die knapp 22 m langen Plastikschüsseln ausgesetzt waren, oder den Spitzengeschwindigkeiten von über 80 km/h, die erreicht wurden. Es lag mit Sicherheit auch nicht nur daran, dass Text, Bild, Ton und Video in einer Form aufbereitet wurden, die die Arbeit der Kollegen in den großen Agenturen beträchtlich erleichterte.

Es war auch nicht nur der bis zum Ende der letzten Etappe unklare Rennausgang oder Katastrophen wie der Mastbruch der AbuDhabi und die Pechserie der Sanyia – es waren vor allem die Kommunikationsprofis an Bord der einzelnen Schiffe, die den Zuschauerinnen und Zuschauern diese ihnen doch recht fremde Welt erschlossen und die maßgeblichen Anteil daran haben, dass das Hochseesegeln in Imageanalysen mittlerweile Formel 1 und Tour de France hinter sich lässt.

Es war unser westliches Nachbarland, das dem Publikumsmagneten Kom in de Kas Anfang April dieses Jahres das Motto „Gartenbau ist Hochleistungssport“ umhängte. Ein Mantel, der auch den deutschen Gärtnern gut steht. Konsequent kommuniziert, sollten sich damit die drängendsten Probleme beinahe wie von selbst lösen lassen. Schließlich herrscht im Gartenbau an Mut, Leidenschaft, Stolz und Menschen, die bereit sind, ein kleines bisschen mehr zu wagen, kein Mangel.

Tim Jacobsen

Möglichkeiten über Möglichkeiten

Exklusiver geht kaum: insgesamt nur zwölf Menschen waren jemals auf dem Mond, der letzte im Jahr 1972 – fast genauso schwer zu toppen ist es, der Europäer zu sein, der am längsten im Weltall war. Kein Wunder, war der niederländische Astronaut André Kuipers dann auch einer der Zugvögel des Greentech Summits Anfang Juni, mit dem die umtriebigen Messeorganisatoren den Fokus auf die nächstes Jahr zum zweiten Mal stattfindende Messe gleichen Namens lenken wollten.

Nur achteinhalb Minuten dauert es, bis sich nach dem Start die Raketen lösen und der schwerelose Blick durch das Bullauge auf einmal unseren Globus aus Marsmännchenperspektive zeigt, und, wie Kuipers verriet, viel Schönes, aber auch viel Erschreckendes offenbart. Grund genug, dass sich Kuipers nach seiner aktiven Zeit selbst zum Botschafter des Planeten Erde ernannte und seitdem mit „Wir sind alle Astronauten an Bord des Raumschiffes Erde“ für die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen wirbt.

Thematisch hätte der Einstieg in dieses Gipfeltreffen der Gartenbaubranche nicht besser gelingen können, auch, weil Richard van Hooijdonk anschließend Entwicklungen aufzeigte, die unser Leben binnen kurzem ähnlich radikal verändern werden, wie dies die Dampfmaschine im 18. Jahrhundert tat. Er verheimlichte in all seiner Euphorie nicht, dass das hinter Robotik, Internet der Dinge, Wearables sowie 4D-Druck stehende einigermaßen ominöse Big Data auch Orwellsche Fantasien wahr werden lassen kann sowie ganz neue Formen von Kriminalität ermöglicht.

„Wir sind alle Astronauten an Bord des Raumschiffes Erde“

Astronaut André Kuipers

Mit je nach Sichtweise drohenden oder heilsversprechenden Technologien ging es danach munter weiter: Erik Pekkeriet und Martijn Wisse gaben einen Einblick in den aktuellen Stand der Roboterforschung, der sich am ehesten mit `es ist alles möglich´ und `wenn nicht heute, dann auf jeden Fall in Bälde´ zusammenfassen lässt. Allerdings sollte man neben dem nötigen Kleingeld auch ein eher waghalsigeres Naturell besitzen, will man zu den Pionieren gehören.

Tim Clapp führte am Beispiel der sog. Teebeutel vor, dass der B&Q-Claim `One planet home´ mehr als nur heiße Luft in Zeiten von Nachhaltigkeitsdebatten ist, und dass, so ausgereizt Entwicklungen uns auch erscheinen mögen, immer noch deutlich mehr möglich ist. Und so klein der Beitrag dieses speziellen Anzuchtsystems angesichts des globalen Müllaufkommens auch erscheinen mag, so groß können viele kleine Beiträge in der Summe sein. Wie auch der von Alice Wang vorgestellte Obst- und Gemüsesaftkonzentrathersteller Haisheng Fresh Fruit Juice Co., der beim Sprung vom unbedeutenden Saftladen hin zur weltweiten Nr. 1 nicht vergaß, die lokal ansässige Bevölkerung mit auf diese Reise zu nehmen und den Gartenbau in der Region auf ein Niveau zu heben, das international keinen Vergleich zu scheuen braucht. Ähnliches auch von Erik Holm und Ian van Brouwershaven, die den südafrikanischen Farmmogul ZZ2 vorstellten und ihr Programm Natuurboerdery erläuterten, mit Hilfe dessen das viele Millionen schwere Unternehmen seit 2002 vollständig auf Ökolandbau umstellt.

Verstecken muss sich auch der ehemalige Banker Faris Farrag nicht, der mit Bustan Aquaponics eine beeindruckend wassersparende Lösung für den Pflanzenbau in Wüstengebieten vorstellte. Die Verbindung von Gemüsebau und Fischzucht wählten auch die Urban Farmers Roman Gaus und Mark Durno, ohne die derzeit kaum ein Podium auszukommen scheint – wobei das zugrundeliegende Prinzip keineswegs eine revolutionäre Neuentdeckung ist, einmal mehr aber zeigt, dass brillante Ideen ohne jemanden mit Charisma und Durchsetzungsvermögen für immer nur Ideen bleiben.

Ohne Tomaten und Tillapias kommt Bill Watts´ Sahara Forest Project aus. Wie der Name verrät, wurde es für Wüstenregionen konzipiert und verspricht mit einer Kombination technischer und pflanzenbaulicher Maßnahmen reiche Ernten, ohne das Vorhandensein von Süßwasser. Und dass auch in unseren Breiten ohne allzu großen Aufwand noch beträchtlich ökologisiert werden kann, bewies Robert Kielstra am Beispiel des Agriports A7: Durch gezielte Anwerbung von Unternehmen, deren Abfallprodukte gerne von den Unterglasgärtnern verwendet werden, sammelt das Gewächshausgebiet nicht nur in der Außendarstellung Punkte.

So gesehen hätte der Summit auch als Vorschau auf die nächstes Jahr zu erwartenden Neuheiten durchgehen können, wäre da nicht Joseph Simcox gewesen, der schon in jungen Jahren allenfalls auf den Fußballplatz ging, um die dort wachsenden Gräser zu studieren:

Nachdem er in Amsterdam sein Befremden darüber geäußert hatte, dass man anscheinend einen ganzen Tag über Gartenbau reden könne, ohne auch nur einmal das P-Wort Pflanze zu erwähnen, tat er dies zu genüge: anhand einer botanischen Weltreise machte er mehr als deutlich, dass das gegenwärtige Obst- und Gemüseangebot nur einen Bruchteil dessen darstellt, was es weltweit an Essenswertem gibt. Zumal viele dieser Kulturarten dann nicht nur den agronomischen Kennzahlenvergleich mit dem gängigen, züchterisch bearbeiteten Sortiment nicht zu scheuen brauchen, sondern durchaus als kulinarische Leckerbissen durchgehen können und zudem an Lebensumstände adaptiert sind, bei denen unsere Frischethekenstammmannschaft schon lange schlapp macht.

Tim Jacobsen

Der Skandal, der nie aufgeklärt wurde

Von Null auf Krise in vier Tagen: wurde am Abend des 21.5.2011 die Schuld für das verstärkte Auftreten schwerer bakterieller Durchfallerkrankungen in Norddeutschland noch bei den üblichen Verdächtigen gesucht, rückten einen Tag später Obst und Gemüse in den Fokus der Epidemiologen. Von da ab war es nur noch ein kleiner Sprung hin zu reißerischen Verzehrswarnungen, die bei Kantinen- und Supermarktkunden gleichermaßen zu einem Rohkostboykott führten.

Ungewollt markierte das Robert Koch-Institut am 25.5.2011 einen der Höhepunkte der weiteren Entwicklung. Verschiedene Presseagenturen deuteten die Empfehlung des Bundesinstituts „vorsorglich bis auf Weiteres Tomaten, Salatgurken und Blattsalate insbesondere in Norddeutschland nicht roh zu verzehren“ um in ein „Tomaten, Salatgurken und Blattsalate aus Norddeutschland“.

„Es sind die Sprossen“, verkündete Prof. Dr. Reinhard Burger, Direktor des Berliner Robert Koch-Instituts schließlich am 10.6.2011. Niedersachsens Agrarminister Gert Lindemann bezeichnete im Nachrichtenmagazin `Focus´ den Bienenbütteler Bienenhof vielsagend als „die Spinne im Netz“. So erdrückend die Indizienlage auch gewesen sein mag, hatte die Theorie jedoch von Anfang an einen Haken: In keiner der auf dem Hof gezogenen Proben konnte der gefährliche Darmkeim O104:H4 nachgewiesen werden.

Der Sprossenbetrieb wurde stillgelegt, die EHEC-Welle ebbte ab und Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr verkündeten unisono, dass sie die Infektionsquelle „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ gefunden hatten.

„Es sind die Sprossen“

Prof. Dr. Reinhard Burger

Die Krise war bewältigt, Hygienevorschriften, Sicherheitskriterien und Einfuhrvorschriften wurden verschärft, 16 Mio. € Schmerzensgeld für die gebeutelten deutschen Gemüsebauern bereitgestellt – darüber gerieten dann auch die 53 Toten sowie die 3 842 teils schwer erkrankten Menschen schnell in Vergessenheit. Beklagenswert, aber in diesem Sinne nicht weiter verwunderlich, fand dann auch die von Foodwatch im Mai 2012 publizierte Analyse „Im Bockshorn“ genauso wenig Medienecho wie das Mitte Juni 2013 erfolgte Eingeständnis des Robert Koch-Instituts, dass nur ein gutes Zehntel der Erkrankungen erklärt werden kann.

Kommunikationsprofi Björn Wojtaszewski wundert das nicht: „Kommunikativ betrachtet, haben Lebensmittelskandale eine ähnliche Dramaturgie wie das klassische Drama: Ein Missstand wird bekannt. Daraufhin führt ein Schlüsselereignis zur Eskalation. Nach dem Höhepunkt des Skandals beginnt der Spannungsabfall. Konsequenzen werden angekündigt, bis schließlich die vermeintliche Normalität wieder Einzug hält. Das Paradoxe und schwierige ist, dass Krisen heutzutage im Ernährungsbereich schon fast der Normalzustand sind.

In wirtschaftlicher Hinsicht trifft es die Erzeuger dabei besonders hart. Aus kommunikativem Blickwinkel betrachtet, zählen sie meist zu den Verlierern. Das liegt auch daran, weil die Rollen im Meinungsmarkt oft vereinfacht dargestellt werden. Auf der Seite der Guten steht der Verbraucherschutz. Auf der Verursacherseite tummeln sich – im Rollenklischee der Medien – skrupellose Geschäftemacher, schwarze Schafe und Kriminelle.

Dieses Muster kann sich wiederholen, da die Bedeutung und Rolle einer aktiven Kommunikation noch immer sträflich unterschätzt werden.“ Die Ausrede, der Einzelne könne doch überhaupt keinen Einfluss auf das Geschehen nehmen, lässt Wojtaszewski nicht gelten: „Als professionell agierender Erzeuger und Unternehmer muss ich mir über mögliche Risikopotenziale in der Kommunikation rechtzeitig Gedanken machen. Aus kommunikativer Sicht setzt das jedoch voraus, dass ich beispielsweise die Möglichkeiten der Medienkommunikation erkenne. Ich kann diese auch zu meinem Vorteil nutzen und beispielsweise bereits im Vorfeld aktiv kommunizieren, um den Absatz zu fördern. Wer versteht, dass man heutzutage in die Außendarstellung investieren muss, wie in andere Produktionsmittel auch, wie in andere Produktionsmittel auch, der ist meist weiter als viele Wettbewerber.“

Wojtaszewski möchte auf keinen Fall missverstanden werden: „Wenn Todesfälle auftreten, hat der Verbraucherschutz ganz klar die oberste Priorität. Dass eine Warnung vor dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel dann wirtschaftliche Konsequenzen hat, ist unvermeidlich. Nimmt man den Blickwinkel der Erzeuger ein, dann müsste die Frage vielmehr lauten, was sie unternehmen können, um den Schaden mit zielgerichteter Kommunikation wirtschaftlich möglichst zu begrenzen. Aufgrund der weltweiten Markt- und Handelsstrukturen und der Vielzahl der Wettbewerber gibt es hier aber keine Patentlösung.“

Leichtsinnig wäre, darauf zu vertrauen, dass Verbände oder Ministerien im Fall der Fälle Lösungen aus dem Hut zaubern können: „Professionelles Krisenmanagement setzt voraus, dass die Betroffenen möglichst schnell und angemessen kommunizieren und den weiteren Krisenprozess verantwortungsvoll mitbegleitet.“ Die Grundsteine dafür müssen im Vorfeld gelegt werden.

Tim Jacobsen

Das Internet der Blumen

War es in der Elterngeneration der sich heutzutage auf halbem Wege zwischen Schule und Verrentung befindlichen Mittvierziger der Siegeszug des PCs, der beruflich und privat so manchen überrollte, gelten die Kinder dieser auch Generation X genannten Altersgruppe als erste echte `Digital Natives´: Schon im zartesten Kindesalter unausweislich mit Smartphones und Tablets konfrontiert, unterscheidet sich der Umgang der nach 2000 geborenen mit der mobilen Allverfügbarkeit von Computergeräten gravierend von der `etwas´ reservierteren Haltung ihrer Altvorderen.

Von daher könnten die Internetpropheten durchaus Recht haben, die behaupten, dass die Jüngeren und Jüngsten die Deutungshoheit über das Internet schon längst übernommen haben. Weshalb Entwicklungen wie die Quantified Self-Bewegung einhergehend mit dem permanenten, öffentlichen Erbringen von Leistungsnachweisen zwar vielleicht bei denen mit den ersten grauen Haare ein sicherlich nicht unberechtigten Kopfschütteln führen, als Ganzes aber eine wahrscheinlich unumkehrbare Richtung vorgeben.

Gleichzeitig passiert im mehr oder weniger Verborgenen etwas, was die Einführung neuer Technologien seit jeher begleitet hat: es werden haufenweise Dinge entwickelt, deren praktischer Nutzen zumindest auf den ersten Blick zweifelhaft ist. Dabei ist es aber in gewisser Weise so, dass es ohne den letztendlichen Entwicklungsschritt unmöglich wäre, über den tatsächlichen Nutzen dieser Erfindungen Aussagen treffen zu können. Und natürlich gehen die Entwicklungen oft in eine Richtung, aus der auch das große Geld winkt. Und das ist dann gemeinhin häufig der Pharmabereich.

So stand auch bei den Touchables, die Mitte Februar auf den Markt kamen, ursprünglich ein Projekt Pate, das Menschen mit Gedächtnisschwierigkeiten dabei helfen sollte, ihren Alltag mit Hilfe funkchipcodierter Buttons und der Gedächtnisstütze in Form eines Smartphones einfacher meistern zu können. Allerdings zeigte sich, dass die Generation, die hauptsächlich mit Erinnerungsverlusten zu kämpfen hat, eben auch nicht die technikaffinste Bevölkerungsschicht ist. Viel eher lassen sich von so etwas dann die Jüngeren begeistern.

Und die bringen dann ja auch eine Menge Vorteile mit sich: Zum einen haben sie überhaupt keine Scheu vor der Nutzung technischer Innovationen, zum anderen ist ihnen der permanente Einsatz von mobilen Endgeräten bereits derart in Blut und Fleisch übergegangen, dass sie es in keinster Weise seltsam finden, von ihrem Telefon daran erinnert zu werden, Obst zu essen oder die Blumen zu gießen. Und genau das ist, was die Touchables neben Dingen wie Autos wieder zu finden oder den Süßigkeitenkonsum zu zügeln können.

Ursprünglich stand bei den Touchables ein Projekt Pate, das Menschen mit Gedächtnisschwierigkeiten dabei helfen sollte, ihren Alltag mit Hilfe funkchipcodierter Buttons und der Gedächtnisstütze in Form eines Smartphones einfacher meistern zu können

Julian Pye

Und das funktioniert so: Buttongroße Aufkleber werden beispielsweise an der Obstschale oder  dem Blumentopf befestigt. In diesen Aufklebern sitzen nun Antennen, die mit dem Smartphone kommunizieren können. In erster Linie liest das Telefon in einem begrenzten Umkreis dann eine Art Identifikationsnummer des Buttons aus. Und diese lässt sich mit Hilfe der dazugehörigen App mit weiterer Information füllen. So kann beispielsweise der Blumentopf mit der Information „Bitte alle drei Tage gießen“ verknüpft werden. Denkbar ist auch eine Obstschale mit „Fünf am Tag“ oder die Bonbonniere mit „Nicht mehr als fünf am Tag“.

Ist es dann soweit, dass die Blumen wieder einmal gegossen werden müssen oder die gesundheitsfördernde Mindestanzahl von Obst und Gemüsen noch nicht erreicht bzw. die Süßigkeitenanzahl überschritten ist, bekommt der Nutzer einen freundlichen Hinweis auf sein Display. Im Fall der Blumen und der Obstschale kann der Warnhinweis mit dem Scannen des entsprechenden Buttons abgestellt werden, im Fall der Süßigkeiten hilft wohl nur, zumindest den Button aus der Funkreichweite des Telefons zu halten.

Und das muss dann ja bei weitem noch nicht das Ende der Fahnenstange sein: Warum nicht beispielsweise die Codierung mit Informationen zum Produkt spicken? So könnte beispielsweise der Blumentopfbutton auf Informationen in einer Datenbank zurückgreifen, die sortenspezifisch mit Standortdaten und Wetterprognosen verknüpft eine zumindest semiprofessionelle Bewässerungssteuerung auf der Fensterbank erlauben würde – und dies ganz ohne kostspielige Sensoren.

Genauso ließe sich auch der Diätplan unter Einbeziehung persönlicher Vorlieben, Aktivitätsmuster und Gesundheitsrisiken spielend leicht in Richtung Obst- und Gemüseverzehr lenken. Natürlich sollte man datenschutzrechtliche Bedenken nicht auf die leichte Schulter nehmen – die kaum vorstellbare Anzahl von innerhalb eines Zeitraums von nur sieben Jahren weltweit verkauften 650 Mio. iPhones, die ja dann in den meisten Fällen doch hauptsächlich als Zugangsportale zu den sozialen Medien genutzt werden, zeigt aber, dass diese Bedenken generell weniger schwer wiegen, zumal die Marke mit dem angebissenen Apfel ja auch nur einen kleinen Teil des Smartphonemarktes abdeckt und es die gesamte Produktkategorie vor 2007 ja auch noch überhaupt nicht gab.

Tim Jacobsen

Da geht noch was

Zwar erreicht er nur zwei Drittel des weltweiten Umsatzes des Brauseherstellers Coca Cola, aber immerhin 26 Mrd. € schwer soll er sein, der europäische Markt für Zierpflanzenprodukte. Verteilt auf die 213 Mio. Haushalte, die derzeit die Europäische Union bevölkern, macht das im Jahr 121,50 € pro Haushalt – dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange sein kann, wird einem spätestens dann klar, wenn man sich bewusst macht, dass dies gleichzeitig bedeutet, dass pro Haushalt weniger als 2,50 € in der Woche für Zierpflanzen ausgegeben werden.

Am einfachsten aufpolieren ließe sich die Statistik, wenn es gelingen würde, das in Umfragen ermittelte Drittel der Bevölkerung, das in den letzten drei Monaten weder Schnittblumen noch Zimmer- oder Gartenpflanzen gekauft hat, als Kunden zu gewinnen. Schließlich sollte es gar nicht allzu schwierig sein, auf in Umfragen ungestützt vorgebrachte Gründe wie `zu teuer´, `zu kurz haltbar´, `keine Zeit für den Einkauf´ oder `kein Anlass, jemanden zu beschenken´ eine passende florale Antwort zu finden.

Geht man der Preisfrage auf den Grund, fällt auf, dass dies hauptsächlich von der Damenwelt so empfunden wird – mitunter könnte dies eine Folge davon sein, dass Frauen vergleichsweise oft Blumen geschenkt bekommen und nur selten selbst als Kundinnen im Laden stehen. Ganz falsch kann Mann mit so einem Blumengeschenk statistisch gesehen ja auch gar nicht liegen: rund zwei Drittel der in einer ABN AMRO Studie befragten Damen gaben an, sich über blumige Mitbringsel zu freuen.

Dahingegen scheint nur jeder zehnte Mann regelmäßig Blumen geschenkt zu bekommen; angesichts dessen, dass mehr als ein Drittel der befragten Herren angibt, sich über Blumengeschenke zu freuen, ist damit auch gleich die nächste unterversorgte Zielgruppe entdeckt. Und auch die Jüngeren, denen oft nachgesagt wird, mit Tradition nichts am Hut zu haben, scheinen in Wirklichkeit ganz anders zu ticken: knapp die Hälfte der befragten Youngsters gab an, sich über Blumen zu freuen und erreichen als eigene Alterskohorte damit fast die Umfragespitzenwerte der über 50-Jährigen.

Um den Vorwurf der mangelnden Haltbarkeit zu entkräften, bräuchte man nur wenige Stunden: während Verbraucher erwarten, dass Blumensträuße statistisch errechnete 9,28 Tage vorzeigbar bleiben, erreichen sie im Schnitt nur 8,99 Tage. Interessant dabei ist, dass Verbraucher beim Einkauf im Supermarkt ihre Haltbarkeitserwartung im Gegensatz zum Einkauf im Fachhandel deutlich niedriger ansetzen und die dort verfügbare Ware diese Erwartung dann auch nahezu zu erfüllen scheint.

Wollte man nun den Absatz ankurbeln, bräuchte man wahrscheinlich gar nicht allzu viel zu verändern: Wenn Frische alles entscheidend ist, führt kein Weg daran vorbei, die Effizienz der Vermarktungskette weiter zu steigern, auch wenn dies kaum mehr möglich zu sein scheint. Um aber die Erwartungshaltung der Konsumenten zu übertreffen, kann die Kette letztendlich gar nicht kurz genug sein. Netter Nebeneffekt: je früher Ware präsentiert werden kann, desto länger ist der mögliche Verkaufszeitraum und desto weniger müsste weggeworfen werden.

Und die Freude beim Konsumenten wird immer größer, denn auch ein anderer, immer wieder genannter Blumenkaufsverhinderungsgrund lässt sich mit modernen Warenwirtschaftssystemen leicht ausräumen: Wenn es nun einmal so ist, dass Kunden auch im Blumenladen gerne Schnäppchen schießen wollen, warum nicht aus dem Ärgernis eine Tugend machen? Ware, die dringend verkauft werden muss, wird mit deutlichem Preisabschlag angeboten. Bisher funktioniert das sog. Dynamic Pricing so richtig gut nur in die andere Richtung und sorgt für Preisaufschläge an Blumenschenktagen wie dem 14. Februar – dass die Vorratshaltung in Vorbereitung auf diese Großkampftage in Verbindung mit erhöhten Preisen dann beim Konsumenten oft für lange Gesichter sorgt, betont nur noch einmal, dass der Kunde gerne ernst genommen werden möchte.

Verteilt auf die 213 Mio. Haushalte, die derzeit die Europäische Union bevölkern, macht das im Jahr 121,50 € pro Haushalt

Tim Jaocbsen

Und selbst wenn neun Zehntel der Befragten im Laufe des letzten Jahres zum Teil wegen grundsätzlicher Bedenken oder auch, weil die Ware nicht im herkömmlichen Sinne sichtbar ist und deshalb verstärkt Qualitätsprobleme vermutet werden, keine Zierpflanzenprodukte online gekauft haben, steckt in diesem Vermarktungsweg eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit denen sich dann die Blumenkaufverhinderungsgründe drei und vier ausräumen lassen.

Und das geht ganz ohne mit Kundenkarten, sozialen Medien, dem Internet oder Big Data gewonnenen Erkenntnissen: Maßgeschneiderte Blumen- oder Pflanzenabos können helfen, im übertragenen Sinne Zeit für den Einkauf und den passenden Anlass, jemanden zu beschenken, zu finden – und auch danach nicht wieder zu vergessen. Denkt man noch einen Schritt weiter, werden mit Sicherheit unter Zuhilfenahme von Kundendaten in nicht allzu ferner Zukunft unter der Onlinehändlerkategorie „Dann haben wir die folgende Auswahl für Sie“ auch Zierpflanzen auftauchen.

Natürlich könnte man sich auch zurücklegen und darauf vertrauen dass kein Ende der gesellschaftlichen Entwicklung, die seit 2005 zu einem Zehntel mehr an Haushalten, gleichbedeutend mit einem Zehntel mehr an Fensterbänken, Gärten und Balkonen, geführt hat, in Sicht ist und uns die Zukunft wahrscheinlich fast automatisch mehr und mehr potentielle Kunden bescheren wird.

Dennoch ist deutlich mehr möglich – packen wir es an!

Tim Jacobsen

Zitat:

Verteilt auf die 213 Mio. Haushalte, die derzeit die Europäische Union bevölkern, macht das im Jahr 121,50 € pro Haushalt

Wirtschafts(t)räume

Natürlich sind knapp 8 000 € Brutto-Monatslohn eine Menge Geld, selbst wenn dies nur gut einem Drittel der Bezüge eines Richters am Europäischen Gerichtshof entspricht – zumal diese Summen ja nicht umsonst offiziell Grundgehalt genannt werden. Und natürlich könnten die 33 000 allein bei der EU-Kommission beschäftigten Beamten zusammengenommen die meisten deutschen Fußballstadien füllen, ohne dass allzu viele Eintrittskarten in den freien Verkauf kämen.

Führt man sich dann aber einmal vor Augen, dass die Stadt Köln allein rund 17 000 Angestellte beschäftigt und es mittlerweile in wohlhabenderen EU-Ländern schwierig geworden ist, mit dem oben genannten Grundbezug für EU-Parlamentarier qualifizierte Kandidaten hinter dem Ofenrohr hervor zu locken, relativiert dies so manche Kritik an Europa – zeigt aber auch, in welchem Ausmaß wir den gegenwärtigen Status quo als selbstverständlich erachten, und über so manchen durchaus beklagenswerten Detail nur allzu schnell das große Ganze aus den Augen verlieren.

Es ist gerade einmal 25 Jahre her, dass zwischen den Kommunalwahlen im Mai und den Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung im Oktober gewaltfreie Initiativen die so genannte friedliche Revolution einleiteten; ein Ereignis, das unser Verständnis von Europa im Sinne des „Alle Menschen werden Brüder“ der Europahymne auf radikale Weise veränderte. Wie fragil dieses „Eines Freundes Freund zu sein“ in Wirklichkeit jedoch ist, zeigen die Entwicklungen in der Ukraine. Nicht wenige Kommentatoren entstaubten angesichts der Bedrohungslage ihr Eiserner Vorhangs-Vokabular; überwunden geglaubte Ost-West Ressentiments wurden erfolgreich wiederbelebt.

Anscheinend braucht es also den Fastentag, um den Sonntagsbraten wertschätzen zu können. Ähnliche Ideen treiben auch so manchen wenig liebevoll „Eurokrat“ genannten Wahlbrüsseler um: Ein „Nicht-Europa-Tag“ einmal im Jahr könnte mit Grenzkontrollen und allem, was bis zur Einführung des freien Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr Anfang 1993 gang und gäbe war, das bisher Erreichte vor Augen führen. Zudem es ja auch kaum wissenschaftliche Literatur gibt, die anzweifelt, dass Freihandel der Wohlfahrt eines Landes mehr dient als Protektionismus.

Ohne Liberalisierung des Welthandels gäbe es auch keine Globalisierung – und so wenig tolerierbar manche Auswüchse des weltweiten Geschäftemachens auch sind, lassen die Zahlen keine Zweifel daran aufkommen, dass mit zunehmender Einbindung in den Welthandel die Armut in Ländern wie Indien oder China deutlich abnahm.

Eigentlich hätte es also für die mittlerweile über 500 000 Unterzeichner einer Online-Petition, die den (Noch-)EU-Handelskommissar Karel De Gucht sowie den (Noch-)EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz auffordert, die Verhandlungen über das so genannte TTIP-Abkommen zu beenden, gar keinen Anlass geben sollen, schließlich versprechen die wirtschaftlichen Zugewinne klingelnde Kassen: Die EU darf auf 119 Mrd. € jährlich hoffen, die USA auf 95 Mrd. €.

„Deshalb sind diese Abkommen gut für uns“

Dr. Angela Merkel

Wären da nicht zumindest drei ungeklärte Fragen: Was im Einzelnen in der mittlerweile fünften Runde seit Juli 2013 verhandelt wird, ist nicht bekannt. Auch, wer im Einzelnen verhandelt, ist nicht bekannt – genauso wie nicht bekannt ist, wer am Ende über den Vertrag abstimmen wird. Die Bundeskanzlerin verwies Mitte Mai im Europawahlkampf darauf, dass die EU über etliche Freihandelsabkommen mit anderen Ländern verfüge „und die EU hat jedes Mal ein Mehr an Umweltschutz, ein Mehr an Verbraucherschutz herausgehandelt“.

Dr. Angela Merkel betonte: „Deshalb sind diese Abkommen gut für uns.“ Auch den Vorwurf mangelnder Transparenz wies die Kanzlerin von sich: „Wenn ich alles sofort auf den Tisch lege, dann kriegt man meistens nicht das beste Verhandlungsergebnis“ – was angesichts der Abhöraktivitäten der amerikanischen Geheimdienste durchaus auch ironisch gemeint gewesen sein könnte.

Chlorhähnchen, Genmais und Hormonfleisch waren neben dem Investorenschutz die Schlagworte, mit denen der Parteitag der Grünen die TTIP-Debatte Anfang Februar überhaupt erst ins Rollen brachte. Während die unversehrte Rückkehr so gut wie aller USA-Urlauber eindrucksvoll belegt, dass der Konsum von Chlor, Gen und Hormon, in was für Kombinationen auch immer, nicht unbedingt zum sofortigen Ableben führen muss, ist die Problemlage beim Investorenschutz etwas heikler:

Ursprünglich sollten derartige Abkommen Investoren vor Enteignung schützen – das Beispiel der schwedischen Vattenfall, die sich den deutschen Atomausstieg mit 3,5 Mrd. € vergolden lassen will, zeigt jedoch, wie Konzerne über den Umweg der Schiedsgerichte gegen unliebsame Gesetze vorgehen können, zumal diese Schiedsverfahren sich jeglicher demokratischer Kontrolle entziehen und auch keinerlei Berufungsverfahren vorsehen.

Es lohnt sich also durchaus, Fragen wie „Wo finden die Debatten statt? In welcher Form kann man sich engagieren? Wie stehen Parteien und Politiker zu den einzelnen Themen?“ zu stellen und nicht resigniert davon auszugehen, dass dies womöglich die `falschen´ Fragen in unserer globalisierten Welt sein könnten.

Tim Jacobsen

Friedrich geht, Schmidt kommt

Es war ein bisschen geflunkert, als Dr. Hans-Peter Friedrich bei der Eröffnungsveranstaltung der Internationalen Grünen Woche damit kokettierte, erst einen Monat im Amt zu sein – schließlich hatte er als Innenminister nach Ilse Aigners Repatriierung bereits Ende September die kommissarische Leitung des BMELV übernommen, das er dann ab seiner Ernennung eine Woche vor Heiligabend bis zu seinem Rücktritt am Valentinstag, als ein im Titel um den Verbraucherschutz beraubtes Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft führte.

Einen aus Gartenbausicht besseren Termin zur offiziellen Amtseinführung hätte es dann aber auch gar nicht geben können, schließlich stehen in der Nachweihnachtszeit traditionell die Branchenhighlights Grüne Woche, IPM, Fruit Logistica sowie BioFach unmittelbar bevor. Gelegenheiten genug, um, wie der Minister im Berlin erklärte, „vom Obstbauern am Bodensee bis zum Getreidebauern in Mecklenburg, vom Milchbauern in Allgäu und Oberfranken bis zum rheinländischen Gemüsebauern, vom Hopfenbauern aus Oberbayern bis zum Winzer an Rhein, Mosel und Saale“ all diejenigen kennenzulernen, deren Schicksal mit der Amtsübergabe in Friedrichs Hände gelegt wurde.

Die größten Sorgen hatte Friedrich schnell ausgemacht und versprach zur Eröffnung der Grünen Woche Planungssicherheit, Schutz des Eigentums sowie die Umsetzung der im Wahlkampf gemachten Versprechen. In Essen stellte er in Aussicht, die Passage des Koalitionsvertrages `Die Potentiale zur Energieeinsparung im Gartenbau sollen stärker genutzt werden´ mit Leben zu füllen, die bisherige Förderung des Agrardiesels beizubehalten sowie eine pauschale Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes auch zukünftig vehement ablehnen zu wollen.

Friedrich zeigte sich Ende Januar bestens informiert, als er zurückgreifend auf die Erkenntnisse des zweiten Zukunftskongresses das IPM-Eröffnungspublikum in die Pflicht nahm, dafür zu sorgen, dass Gartenbauprodukte zukünftig stärker nachgefragt und nicht zu Dumpingpreisen und in ihrer Bedeutung entwertet verschleudert werden. Friedrich lieferte die Problemlösung gleich mit: mit innovativen Produkten und Dienstleistungen sowie einem differenzierteren Eingehen auf die unterschiedlichen Konsumentengruppen könne die vom Konsumenten empfundene Wertigkeit gartenbaulicher Produkte gesteigert und so beispielsweise Blumen und Pflanzen beim Konsumenten als „hochwertiger Bestandteil im Leben“ verankert werden.

Eine EEG-Novellierung, die nicht zu einer Mehrbelastung des Gartenbaus führt, sowie die Einführung der steuerlichen Risikoausgleichsrücklage, wären ein guter Anfang

Tim Jacobsen

Ähnliches dann auf der Fruit Logistica: „Die Branche ist gefordert, den Konsum von Obst und Gemüse anzukurbeln, neue Trends zu erkennen, Marktlücken zu suchen und zu besetzen. Wir müssen auf Frische, Qualität und Transparenz setzen und zusehen, dass wir den Konsum weiter steigern – im Interesse der Betriebe und des Handels, aber auch im Interesse einer gesunden Ernährung.“ Abends bei der German Fruit Traders Night betonte Friedrich dann die zunehmende Bedeutung der Vermarktung von Lebensmitteln aus der Region und verwies auf das `Regionalfenster´, das Friedrich zufolge eine hervorragende Möglichkeit ist, regionale Produkte verlässlich und transparent zu vermarkten.

Am Eröffnungstag der Jubiläumsausgabe der BioFach schließlich erweiterte Friedrich den Regionalbegriff um das Thema Bio: „Regionale Bioprodukte liegen im Trend. Das bestätigt neben Umfragen auch das konkrete Kaufverhalten der Verbraucher. Daher sollte es unser gemeinsames Ziel sein, den Anteil an regionalen Bioprodukten zu steigern, zumal Produktion, Verarbeitung und Handel in den ländlichen Regionen auch aktiv zur Stärkung der Wirtschaftskraft vor Ort beitragen.“

Zwei Dinge lagen dem Minister zwei Tage vor seinem Rücktritt in Nürnberg dann noch besonders auf dem Herzen: „Ökologisch wirtschaftende Betriebe benötigen weiterhin attraktive Prämien, die die besonderen Ökosystemleistungen honorieren. Nur so bleibt der Anreiz für eine ökologische Bewirtschaftung erhalten“ sowie im Hinblick auf die geplante Revision der EU-Ökoverordnung „Weiterentwicklung und Anpassung sind wichtige Elemente einer zukunftsfähigen Branchenentwicklung. Dies gilt ganz besonders für einen sauberen Wettbewerb mit echten und qualitativ hochwertigen Bioprodukten. Daher begrüßen wir die Anstrengungen der Kommission grundsätzlich: Wo Bio draufsteht, muss auch Bio drin sein.“

Es blieb wohl niemandem verborgen, dass Friedrich als Landwirtschaftsminister in den knapp neun Wochen seiner Amtszeit in der grünen Branche auffallend viel Präsenz zeigte, was nach dem aus gartenbaulicher Sicht eher bescheidenen Ergebnis der Koalitionsverhandlungen für Aufatmen unter den berufsständischen Vertretern sorgte. Das damit allerdings automatisch einhergehende Dilemma verdeutlichte Friedrich zum IPM-Auftakt in Essen: „Ja, ich habe in meiner Rede auf der Grünen Woche in Berlin den Gartenbau gleich dreimal erwähnt, ganz absichtlich. Und prompt liegen mir schon die Beschwerden der Forstwirte und Teichwirte auf dem Tisch.“

Es bleibt zu hoffen, dass der frischgekürte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt den Gartenbau auch ohne Besuch der deutschen Weltleitmessen ernst nimmt und für die dringlichsten Sorgen und Nöte der Gärtner ein offenes Ohr hat: Eine EEG-Novellierung, die nicht zu einer Mehrbelastung des Gartenbaus führt, sowie die Einführung der steuerlichen Risikoausgleichsrücklage, wären ein guter Anfang.

Tim Jacobsen

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