"Now, here, you see, it takes all the running you can do, to keep in the same place. If you want to get somewhere else, you must run at least twice as fast as that!"

Kategorie: Zierpflanzen

Was Michael Stipe mit Callunen zu tun hat

Es muss ein bisschen das R.E.M.sche „Ende der Welt, wie wir sie kennen“ gewesen sein: vor ziemlich genau 100 Jahren führte die Hyperinflation in der Weimarer Republik ausgerechnet zu Beginn der Adventszeit zu einem Anstieg des Wechselkurses der Mark gegenüber dem US-Dollar auf das Allzeithoch von 1 : 4,2 Billionen (eine Zahl mit zwölf Nullen). Ein Ei kostete Anfang Dezember 1923 320 Mrd. Mark, 1 l Milch 360 Mrd. Mark und 1 kg Kartoffeln 90 Mrd. Mark.

Größter Profiteur seinerzeit war, ein Schelm, wer Böses dabei denkt, das Deutsche Reich, dessen Kriegsschulden mit der dann zur Inflationsbekämpfung eingeführten Renten- und späteren Reichsmark von 154 Milliarden Mark auf lediglich 15,4 Pfennige schrumpften. Auch heute profitieren eher Schulden als Vermögen von Inflation.

Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine verdoppelten sich die entsprechenden Kennzahlen, was gleichbedeutend damit ist, dass bspw. im November 2022 der sog. Anstieg des Verbraucherpreisindexes statt wie 4,4 % im Vorjahr auf einmal 8,8 % betrug. Die Folgen dieses Anstiegs des Verbraucherpreisindexes gegenüber dem Vormonat spüren nicht nur Möbelhändler.

Ein kurzes Rechenexempel: bei einer Inflationsrate von 2 % haben Sie zwar nach zehn Jahren immer noch 1500 € auf dem Konto, damit können Sie aber nur noch für 1225 € einkaufen. Nach zwanzig Jahren ist der Gegenwert des Geldbetrages auf Ihrem Konto dann ganz von selbst fast drei-  statt vierstellig geworden, denn was sich hinter dem etwas sperrigen „Anstieg des Verbraucherpreisindexes“ verbirgt, ist auf gut deutsch gesagt einfach nur, dass alles teurer wird.

Wenn wir, wie im August 2023, also von einer gesunkenen Inflationsrate in Höhe „von nur noch“ 6,1 % sprechen, ist der Preisanstieg zwar kleiner als noch im letzten Winter, aber immer noch erheblich. Vorbei die Jahrzehnte, in denen die Preise, und dabei sollten fairerweise auch die Zinsen nicht vergessen werden, nur so vor sich hin dümpelten. Die Verbraucher stimmen mit den Füßen ab und rennen spätestens seit Februar 2022 den Discountern mehr denn je Tür und Tor ein.

Manche Markenartikler reagieren, indem sie dem Ganzen noch eines obendrauf setzen und erhöhen die Preise mehr, als dass dies der Anstieg der Produktionskosten vielleicht nahelegen würde. Wenig charmant, wird dies dann als Gierflation bezeichnet und führt, wenn die Händler das Ganze nicht mittragen und weitergeben wollen, dazu, dass es nicht Hamsterkaufbedingte Leerstellen in den Supermarktregalen gibt. Die ganz besonders pfiffigen Markenartikler lassen die Preise und Verpackungen gleich, packen aber weniger Inhalt rein.

Der Aufschrei bei den Verbraucherschützern ist dann jeweils groß, letztendlich kommt darin dann aber vielleicht auch eine von ihren Vertretern als Geschäftsgrundlage benötigte Entmündigung der Verbraucher zum Ausdruck. Die Preisschilder in den Supermärkten sind zwar noch nicht ganz so aussagekräftig wie die Packungsbeilagen von Medikamenten, einen mühelosen Preisvergleich erlauben sie jedoch allemal und spielen den Ball eigentlich zurück zu den Verbrauchern.

Schwieriger wird es dann, wenn einzelne Produktbestandteile durch billiger zu beschaffende  Rohstoffe ausgetauscht werden, Palmfett bspw. Sonnenblumenöl ersetzt – Skimpflation bedeutet gewissermaßen, dass auf die Inferiorität des Produktes zwar hingewiesen wird, aber eine Lesebrille für deren Entdeckung vonnöten ist. Es ist mit Sicherheit kein Zufall, dass bei uns die Herkunftsbezeichnungen an den Frischetheken, anders als bspw. im Vereinigten Königreich, eher dem Bereich Kleinstgedrucktes zuzuordnen sind.

Es geht auch aber ganz ohne Griff in die Trickkiste. Nach den Pandemierekordjahren war im letztjährigen Herbst Trübsalblasen angesagt für unsere Heidekrautproduzenten. Mit der Fieberkurve Gasspeicherfüllstand und teils absurden Energiepreissteigerungen waren Callunen auf den Einkaufszetteln der Verbraucher ziemlich weit nach unten und der Abverkauf sowohl unter das Niveau der Vorjahre als auch der Vorpandemiezeit gerutscht. Insbesondere die größeren Topfgrößen litten. In diesem Herbst scheint, auch um der Inflation ein Schnippchen zu schlagen, eine Invasion der relativ kleinen Töpfe bevor zu stehen.

Und dabei macht nicht nur billig, billig das Rennen, auch Duos scheinen sich im 11er Topf durchaus wohl zu fühlen und könnten am Ende die Durchschnittspreise auf ein auskömmliches Niveau hieven. Einmal mehr zeigt sich, dass das Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage zu äußerst effizienten Lösungen führt. Wer hätte im letzten Herbst gedacht, dass im Frühjahr 2023 die Energieversorger nach einem winterlichen Neukundenaufnahmestopp auf einmal wieder mit Kampfpreisen werben würden?

Et hätt noch immer jot jejange

§ 3 des Kölschen Grundgesetzes

Natürlich liegt das Energiepreisniveau immer noch deutlich über dem vor Februar 2022 – bei aller Dystopie in Michael Stipes „It’s the end of the world as we know it” liegt aber gerade im Ende des Refrains Hoffnung und Ausblick zugleich: „and I feel fine“. Und wenn nicht „fine“, dann zumindest zuversichtlich.

Tim Jacobsen

Was bei einem Besuch der BUGA vielleicht nicht direkt auffällt

Es ist ein bisschen Vergangenheit und Zukunft, ein bisschen Barock und Postmoderne. Auch wenn das Kerngelände der BUGA 23 die Konversionsfläche rund um die ehemalige Spinelli-Kaserne ist, einst von der deutschen Wehrmacht als Pionierkaserne und nach dem Zweiten Weltkrieg von den US-amerikanischen Streitkräften als Lager genutzt, entspricht der Luisenpark in unmittelbarer Innenstadtnähe wohl eher dem, was typisch Landfrauenausflug von einer Bundesgartenschau erwartet wird.

Oder vielleicht besser erwartet wurde – schließlich war der Luisenpark auch bei der 1975er BUGA in Mannheim einer der Publikumsmagnete. Dennoch oder vielleicht auch gerade deswegen ist es wohl die vom Luisenpark bequem mit einer Seilbahn erreichbare Brachfläche auf der anderen Neckarseite der Teil der BUGA 23, der wohl am Deutlichsten in die Zukunft weist. Und das hat zwar nicht alles, aber sehr viel mit La Canicule zu tun, der 2003er Hitzewelle mit vermutlich 70 000 Toten in Westeuropa.

In letzter Essenz führte die Hitzekatastrophe zum Mannheimer Hitzeaktionsplan. Deutlich mehr Bäume und Trinkwasserbrunnen waren die Folge, auch die gerade viel und allerorten zitierte Schwammstadt hielt Einzug. Das Ganze hatte keine unmittelbaren Effekte – oder, wie das in Klimafragen oft so ist, wäre es anders vielleicht noch schlimmer gekommen: 2022, also vor nicht allzu langer Zeit und immerhin 19 Jahre nach der 2003 Hitzewelle war Mannheim einmal mehr die wortwörtlich heißeste Großstadt Deutschlands.

Die diesjährige BUGA markiert nun, weitgehend unbemerkt, mit der Vollendung des offiziell Grünzug Nordost genannten Plans, durch die Entsiegelung und Räumung des ehemaligen Kasernengeländes einen weiteren Meilenstein zur Verbesserung der klimatischen Situation in der quadratisch-praktischen, aber auch sehr schlecht durchlüfteten Stadt: 62 ha Fläche wurden entsiegelt, neue Grünflächen entstanden, klimaresistente Pflanzen wurden angepflanzt und nach ersten Messungen war es auf dem Kasernengelände ist es nach der ökologischen Konversion in den Nachtstunden nun tatsächlich rund vier Kelvin kühler.

Tim Jacobsen

Nachhaltigkeit muss in allen Facetten nachhaltig sein

Eigentlich ist der Rosenanbau ja eine einfache Sache, wie die meisten von Ihnen wahrscheinlich aus eigener Erfahrung wissen. Schwierig wird es, wenn Sie versuchen wollen, damit auch Geld zu verdienen. Und weder Regionalität noch Saisonalität sind ganz neue Erfindungen, vielmehr haben sie bereits den Speiseplan der Jäger und Sammler bestimmt. Relativ neu dagegen ist, dass sesshaft gewordene Menschen zumindest in den sehr wohlhabenden Ländern dieser Welt dann Trick 17, 53 und 86 bedacht haben, um möglichst niemals auf gar nichts verzichten zu müssen.

Und so hat uns die großtechnische Ausbeutung von Erdöllagerstätten nicht nur Nylonstrümpfe und jede Menge anderen Verpackungsmüll beschert, sie machte auch den vor Wetterkapriolen und Klimaperikeln geschützten geschützten Anbau von Schnittrosen überhaupt erst möglich. Befeuert von günstiger Energie und der wirtschaftlichen Prosperität der Wirtschaftswunderjahre schossen die Gewächshäuser in den Nachkriegsjahren wie CDU-geführte Bundesregierungen aus dem Boden. Auf die erste große Koalition unter Kiesinger folgten die Sozialliberalen und der Ölpreisschock. Vier autofreie Sonntage manifestierten, dass die Limits to Growth auf betrieblicher Ebene schneller sichtbar wurden als die Tinte des Clubs of Rome trocknen konnte.

Ein paar pfiffige Gärtner schifften daraufhin nach Teneriffa aus, die ganz Wagemutigen verschlug es nach Ecuador. Hier trafen sie in gewisser Weise auf den Rosengarten Eden. Cayambe liegt auf 3000 Metern ziemlich exakt auf dem Äquator. Die einzigartigen Lichtverhältnisse, die gemäßigten Temperaturen und die fruchtbaren Böden haben Cayambe gewissermaßen zur Welthauptstadt der Rosen gemacht. Manche sagen, dass Rosen nirgends besser gedeihen als dort – und dies mit vergleichbar geringem Aufwand: stehen bei uns High-Tech-Gewächshäuser industriellen Produktionsanlagen in nichts nach, genügen dort ein paar Dachlatten und Plastikfolie. Ein kleines Problem sind die Distanzen. Nun werden Rosen zwar nicht aus Flugscham rot, ein bisschen ein Spaßverderber ist die Entfernung allerdings allemal. Zweites Problem sind die nur aus unserer Sicht niedrigen Löhne in Ecuador.

Kolumbien nahm den Arbeitskosten-Unterbietungshandschuh gerne auf, genauso wie die Berufskollegen in Kenia, die dann wiederum mit Äthiopien einen Billiganbieter in direkter Nachbarschaft hatten. Ganz verschwunden ist der Schnittrosenanbau allerdings auch bei uns nicht. Mit Leidenschaft und zuweilen auch Leidensfähigkeit halten bei uns auf rund 125 ha Gärtnerinnen und Gärtner die Rosen-Stellung, jenseits der deutsch-niederländischen Grenze sind es noch ein paar mehr, von ehemals knapp vierstelligen Anbauzahlen fehlt allerdings auch hier jede Spur. Energie ist auch fünfzig Jahre nach der Ölpreiskrise Aufregerthema Nummer eins, dazu kommt die eher noch weiter auseinandergegangene Lohnpreisschere zwischen uns und dem globalen Süden. Einige haben aufgerüstet, bei Marjoland beispielsweise kommt der Berg zum Propheten.

Manches ist hingegen auch über all die Jahre hinweg relativ stabil geblieben: Neben Sergei Lawrow und Jean Asselborn im Außenministeramt beispielsweise auch die dominierende Rolle der genossenschaftlichen Koninlijke Floraholland, des größten Blumenhändlers der Welt. Bis 2008 war das 700 mal 740 Meter große Aalsmeerer Versteigerungsgebäude mit direktem Flughafenanschluss nichts weniger als das größte Gebäude der Welt – und gleichzeitig der globale Flaschenhals für Ex- und Importe im Zierpflanzenbereich. Es war über viele Jahre eher die Regel als die Ausnahme, dass Blumen aus Südamerika statt der Direttissima über Mittelamerika zweimal Weltmeere überfliegen mussten, bevor sie in Nordamerika Herz und Sinne erfreuen konnten.

Auch wenn die Frage „brauchen wir das oder kann das weg“ für sich genommen spannend zu diskutieren wäre, lässt sich das Ganze auch weniger hoch aufhängen: Wäre denn nicht allen gedient, wenn sich in Absatzmarktnähe unter ähnlichen Umständen wie in Ecuador Rosen produzieren ließen? Die Niederlande sind damit schon einmal raus und auch der Alpennordkamm bei uns kommt an das Tageszeitenklima des nullten Breitengrades nicht einmal Ansatz-weise heran. Luiz Corella ließ sich davon nicht entmutigen. Im fernen Mexiko vom Heimweh nach Spanien und dem Wunsch, die besten Rosen der Welt anbauen zu wollen, gepackt, fand er zwei Autostunden nördlich von Madrid am Oberlauf des Dueros in 1100 Metern Höhe Licht- und Temperaturverhältnisse, die zumindest in Europa ihresgleichen suchen. Dazu die perfekte Anbindung an das europäische Autobahnnetz: 19 Stunden brauchen LKWs von Soria nach Aalsmeer.

Der Businessplan stand 2013. 2015 begannen die Bauarbeiten und im September des Folgejahres wurden die ersten Rosen gepflanzt. 14 ha ist der Neubau groß, verschlungen könnte er um die 50 Mio. € haben. Eine mögliche Verdoppelung der Anbaufläche war von Anfang an Teil des Plans. Es dauerte weniger als zweieinhalb Jahre, bis sich im Januar 2019 mit der Einführung der Premiumsortierung Aleia Máxima die Produktionsprozesse offensichtlich eingespielt hatten. Nahezu zeitgleich mit der Optimierung der Produktionsprozesse begann sich allerdings auch der Himmel über den ansonsten wolkenfreien, Schnee bedeckten Berggipfeln Nordspaniens zunehmend zu verdüstern. Im Sommer 2019 machten Gerüchte die Runde, dass es bei der Entlohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei.

Am 16. Oktober 2019 dann die Beantragung des Voluntary Creditor Contests, der trotz Zahlungsschwierigkeiten eine Fortführung der Geschäftstätigkeit erlaubt. Als Ursache für die unternehmerische Schieflage wurde der Rückzug eines Großinvestors benannt. Die US-amerikanische Full Moon übernahm schließlich im Sommer 2020 für wahrscheinlich unwesentlich mehr als ein Zehntel der mutmaßlich ursprünglich investierten Summe den nordspanischen Rosenproduzenten. Am 12. März 2021 wurden an der Veiling Rhein Maas die allerletzten `Red Naomi´-Rosen aus Soria versteigert.

Die letzten Nachrichten, die aus Soria zu hören waren, klingen insgesamt eher nach einer Investitionsruine im ländlichen Raum. Full Moon Investments hatte und hat offensichtlich größere Schwierigkeiten, eine der begehrten Lizenzen für den Anbau von medizinischem Cannabis in Spanien zu bekommen. Zwischenzeitlich waren drei von vier vergebenen Lizenzen in den Händen von Mitgliedern des spanischen Königshauses. Begründet wurde dies damit, dass befürchtet wurde, die Lizenzen könnten reine Handelsware werden, sobald sie in ausländischen Besitz kämen.

Im Fall von Aleia Roses noch viel mehr als bei der „vertically integrated cannabis business development group“ war die gute Idee Vater und Mutter des Gedankens. Einmal mehr zeigte sich aber, dass Nachhaltigkeit aus drei Dimensionen besteht, auf mindestens drei Säulen beruht: Neben Ökologischem und Sozialem darf eben auch die Ökonomie nicht zu kurz kommen. Und vielleicht, aber auch nur ganz vielleicht, war das Ganze zumindest eine etwas waghalsige Geschäftsidee, also das eine wie das andere.

Tim Jacobsen

Auch 2023 Stau in und um Essen

Die IPM-Woche fing zumindest für die Zierpflanzengärtner relativ entspannt an. Hatten die sich selbst gern als Saubermänner gerierenden Südtiroler Obstbauern mit unvorteilhaften Rückstandsanalysen zu kämpfen, setzten die Gebühren-finanzierten Öffentlichen mit „Grün und exotisch – mehr Umweltschutz im Blumentopf“ positive Akzente.

Schlag auf Schlag ging es dann weiter: Noch bevor überhaupt ein Besucher, eine Besucherin einen Fuß auf bzw. in die Messe setzen konnte, war Sabine Platz bereits in den Messehallen unterwegs und servierte weder kalten Kaffee noch Frühstücksei, sondern warf in drei Live-Schalten lieferte sie einen begeisterten und ausgesprochen positiven Blick auf die Branche.

Nach zweijähriger unfreiwilliger Pause freute sich wahrscheinlich so manches, mancher und manche auf die Gelegenheit, in Essen endlich wieder Geschäftspartner, Freunde und Bekannte zu treffen. Die Messe machte mit einem toften Video, das auch eingangs der Eröffnungsveranstaltung gezeigt wurde, zusätzlichen Appetit auf einen strikt weltlichen Messebesuch. Aussteller aus 45 Nationen wurden erwartet, als Partnerland präsentierte sich Großbritannien.

Unterstützt vom britischen Außenhandelsministerium und der britischen Botschaft präsentierten die Aussteller auf dem Gemeinschaftstand in Halle 7 gewissermaßen grünbritische Produkte. Weiteres Highlight war das Internationale Gartenbauforum unter dem Motto `Quintessentially Green & British´ mit einmal mehr Nachhaltigkeitsthemen, dem Wert neuer Pflanzen und in gewisser Weise selbst verschuldetem Grenzbetriebsmodell.

Der Geschäftsführer der Messe Essen, Oliver P. Kuhrt, hängte die Kirschen ganz nach oben: „Der Wunsch nach Informationsaustausch und Innovationen ist angesichts aktueller wirtschaftspolitischer und ökologischer Herausforderungen hoch. Die IPM bietet die optimale Plattform, um Lösungen rund um Themen wie eine nachhaltige Produktion, fragile Lieferketten oder den Fachkräftemangel zu erarbeiten.“

Im Ausstellungsbereich Pflanzen waren wie in den guten alten Präcoronazeit in den Hallen 1, 2, 5, 6, 7, 8 und der Galeria Schnittblumen, Beet- und Balkonpflanzen, Kräuter, Naschgemüse und Zimmerpflanzen bis hin zu Weihnachtsbäumen, Stauden und Gehölzen vertreten. Themenrundgänge zu Klimabäumen und legten den Fokus auf möglichst nachhaltige Pflanzensortimente. Im Technikbereich in den Hallen 3, 4 und der Galeria gehörte die ressourcenschonende Produktion zu den Top-Themen.

Torfreduktion, Start-ups und smarte Technik sollten Besucher in das Innovationscenter Gartenbautechnik locken. In Halle 5 wie immer Steckschwämme, Schleifenband, Filze, Vasen, Übertöpfe, Pflanzschalen, Deko-Elemente und Grußkarten. Der Concept Store mit ergänzenden Sortimenten wie Tableware und Feinkost präsentierte sich etwas gar luftig. Nicht über Platzmangelbeklagen musste sich auch der Gemeinschaftsstand `Junge Innovative Unternehmen´ in Halle 5.

Das IPM Discovery Center in Halle 7 inszenierte ein bisschen auch sich selbst, genauso wie die Green City in Halle 1A die einen mit Live-Floristik aus Meisterhand lockte, die anderen mit dem eher nüchtern angelegten Infocenter Gartenbau. Beim `Show Your Colours Award´ wurde die beste Marketing-Story preisgekürt. Das Thema des Floristikwettbewerbs in den Kategorien `Strauß´, `Grüner Held im Topf´ und `Gefäßpflanzung´ lautete `Mission: Flower Future´.

Wie Konzepte und Kooperationen für hochwertige grüne Produkte begeistern können, war beim Gang über den Landgard-Messestand zu sehen. Eines der Highlights war die Landlust-Kollektion, dem einen oder der anderen bekannt vom Bahnhofskiosk, in dem die Magazine, die sich dem Leben auf dem Land und wie es in einer idealen Welt vielleicht sein könnte, längst den Motorsport-Magazinen die Regalmeter abgelaufen haben.

Produkte ausschließlich von Betrieben, die für besondere Qualitäten stehen sowie die zwei starken Partner überzeugten auch die Juroren, die der Kollektion vor kurzem den Titel `Beste Kooperation 2022´verliehen. `Starke Typen´ mit leicht zu formendem Ilex als Buchsbaumersatz, `Wat ne Hübsche´ mit Rhododendron-Hybriden und das Rosen-Konzept `Blühende Schönheit´ sowie italienisches Flair mit `Figaro Botanico´ und die altgedienten `Biene Maja´, `Minions´, `Jurassic World´, `Sansibar´, `Eataliano´ und `Eataliano biologico´, `Gärtnerware´, `IssBio´ und `Respect Nature´ zeigten einen guten Querschnitt durch das konzeptionell mögliche und vorhandene.

Ganz Londoner  Hyde Park war die Speakers‘ Corner mit ihren täglich wechselnden Themenschwerpunkten. Am ersten Messetag standen Marktprognosen und Trends im Fokus. Besagter Romeo Sommers sowie Manfred Hoffmann vom Fachverband Deutscher Floristen präsentierten Trends, Inspirationen und Ideen für 2023. Monique Kempermann vom Blumenbüro Holland versuchte `Nachhaltigkeit vs. Verbraucher´ in Einklang zu bringen.

Moderne Personalführung war Schwerpunkt des zweiten Messetages, hier stellte unter anderem der Landesverband Gartenbau NRW seinen Grünen Campus vor. Best Practices aus dem Bereich Kommunikation standen am dritten und vorletzten Messetag auf der Agenda. Torsten Brämer von `Wir sind Garten´ und Michael Perry, bekannt auf Insta unter Mr Plant Geek plauderten aus dem Social Media Nähkästchen. Nicht fehlen durfte in dem Zusammenhang Tristan Heinen-Bizjak. Der letzte Messetag widmete sich den Marktveränderungen im Gartenbau, Nabu und Bundessortenamtes schmissen die Veranstaltung.

Beruf+Zukunft gab es auch auf der IPM Essen und zwar ebenfalls in Form eines Forums. Kurzknackige Impulsreferate sollten Absolventen Erfahrungen und Tipps liefern. Eliot Barden brauchte diese wohl nicht mehr, er gewann zuvor bereits die Kategorie `Young IGOTY´. Auf einen Abendkurs der Royal Horticultural Society im Alter von 15 Jahren folgte ein Studium in den Kew Royal Botanic Gardens, bevor er 2018 zu Majestic Trees kam.

„Es gibt zwei Gründe, warum wir Eliot Barden zum Gewinner des Young IGOTY gewählt haben“, erklärte der Präsident der AIPH und Capitano der Vivai Capitanio, Leonardo Capitanio. „Erstens hat er genaues technisches und berufliches Fachwissen bewiesen. Zweitens investiert Eliot kontinuierlich in das Wachstum und die Entwicklung seiner Fähigkeiten, um sein höchstes Potenzial zu erreichen“.

In der Erwachsenenkonkurrenz ging AIPHs `Goldene Rose´ bzw. der Titel` International Grower of the Year´ an Brookdale Treeland Nurseries Ltd (BTN), mit 800 ha einer der größeren kanadischen Betriebe. Oberbaumschulist Jeff Olsen kommentierte ganz amerikanisch: „Wir fühlen uns unglaublich, so gesegnet, dass wir mit diesen Auszeichnungen geehrt werden. Es bedeutet mir persönlich und unserem gesamten Team in Kanada so viel. Wir freuen uns so sehr, ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen.“

Gold gab es für BTN auch in der Kategorie Finished Plants & Trees und damit noch lange nicht genug auch noch Bronze in der Kategorie Sustainability. Das niederländische Vermarktungsurgestein Bernard Oosterom kommentierte: „Brookdale Treeland Nurseries zeichnet sich als zukunftsorientiertes Unternehmen aus, das mit einem breiten Sortiment und immer neuen Sorten immer wieder etwas Neues in die Branche bringt. Das Unternehmen setzt auf nachhaltige Produktion und Innovation und engagiert sich für den Wissensaustausch und den Aufbau eines starken Teams. Sein dynamischer Ansatz hat es ihm ermöglicht, neue Produkte und Märkte zu entwickeln, und es ist gut aufgestellt, um die Branche in den kommenden Jahren anzuführen.“

Tim Jacobsen