Es sind die Räumlichkeiten und keinesfalls die Nachfrage, die bei der Bonner Jägerschaft die Teilnehmerzahl am Vorbereitungskurs auf die Jägerprüfung limitieren. So wird es dann bei 80 Jagdscheinaspiranten im Klassenzimmer zwar eigentlich nur ein durchaus ausbaufähiges bisschen kuschelig, mehr geht dann aber in parlamentarischer Bestuhlung eben rein platzmäßig nicht – selbst wenn Lehrgangsleiter Hermann Vreden dank jahrelanger Erfahrung ähnlich wie bei Fluggesellschaften üblich auch schon einmal einen Platz doppelt belegt.
Schließlich kann er im Regelfall nicht alle, die sich rechtzeitig angemeldet haben, auch beim ersten Kursabend begrüßen. Das Leben gehe nun einmal nicht immer nur in eine Richtung, und wenn dann bspw. ein Jobwechsel ansteht, rückt die Teilnahme am Vorbereitungskurs schnell wieder in den Hintergrund.
Im Februar wird jeweils das Anmeldeportal freigeschaltet, im April waren dieses Jahr dann alle Plätze für den im September gestarteten Jahreskurs vergeben. Auf dem Weg hin zur Prüfung geht dann immer noch der eine oder die andere verloren, so dass wiederum eine über die Jahre hinweg zahlenmäßig relativ konstante Schar an Prüflingen im Mai dem Prüfungskomitee gegenübertritt.
Numerischer Ausreißer nach unten war der Jahrgang, der im Jahr 2021 zur Prüfung antrat: nur gut zwei Drittel der sonst üblichen ziemlich genau 60 Prüflinge trauten sich im Corona-Fernunterrichtsjahr diesen Schritt zu – interessant dabei ist, dass auch 2021 wie im Jahr zuvor und danach genau sieben Prüflinge auch die Wiederholungsprüfung nicht bestanden. Liegt sonst die Durchfallquote um die zehn Prozent, stieg sie im Lockdownjahr auf über 15 Prozent.
Um mehr über die Motive und Erwartungen der am aktuellen Kurs Teilnehmenden zu erfahren, fühlten wir den Jagdscheinaspiranten mit einer Onlineumfrage auf den Zahn. Weit mehr als 50 % Rücklaufquote beweisen, dass die Kolleginnen und Kollegen gut bei der Sache sind.
Während gut ein Viertel der Teilnehmenden das Ganze relativ kurz entschlossen angegangen ist, gingen drei Viertel der Befragten schon längere Zeit mit der Idee schwanger – es hatte entweder zeitlich nie gepasst oder der letzte Schubs gefehlt. Mehr über Natur und Umwelt wissen zu wollen, war für mehr als zwei Drittel Ansporn für die Teilnahme, gefolgt von der Aussicht auf selbst erlegtes Fleisch. Als Städter wieder näher an die Natur war insgesamt ein weniger dringendes Anliegen, auch wenn „Hände schmutzig machen ist sexy“ explizit erwähnt wurde.
Der eigene Jagdhund spielte in den Überlegungen eine mehrfach genannte Rolle, eher exotisch dann der Wunsch, Falkner werden zu wollen. Die Funktionsfähigkeit des Oberstübchens zu testen war als Teilnahmegrund ähnlich oft genannt wie ein gewisser gesellschaftlicher Druck durch Freunde und Familie.
Zwei Drittel der Befragten hatten knapp drei Monate nach Kursbeginn bereits mit dem Lernen begonnen, die Hälfte war in eine Lerngruppe integriert. Nach bestandener Prüfung wollten zwei Drittel die Dinge auf sich zukommen lassen, ein Viertel wusste bereits, wie es jagdlich weitergehen wird. Drei Viertel konnten sich vorstellen, in einem Revier mitzuarbeiten, ein Viertel der Befragten konnte sich vorstellen, mittelfristig selbst Pächterin oder Pächter zu werden, genauso viele wie gerne einem Jagdhornensemble beitreten wollten.
Spannend war nun natürlich, die vorhergehenden Jahrgänge in die Umfrage einzubeziehen, um ein Bild davon zu erhalten, wie die gemittelte Jagdkarriere nach der Prüfung dann so weitergeht. Mit über 100 Aufrufen war auch hier der Rücklauf mehr als zufriedenstellend, zumal auch Personen, die die Prüfung letztendlich nicht bestanden hatten, den Fragebogen ausfüllten und so den Eindruck bestätigten, dass sich ein gesunder Querschnitt durch die Jahrgänge in den Antworten wiederfinden lässt.
Die Hälfte der Antworten stammte vom 2022er Prüfungsjahrgang, der Rest der Rückmeldungen verteilte sich gleichmäßig auf die beiden vorhergehenden Jahrgänge. Ein knappes Fünftel der Befragten musste in die Wiederholungsprüfung. Ein gutes Viertel gab – deckungsgleich mit der Befragung der aktuellen Kursteilnehmenden – an, schon vor dem Ablegen der Prüfung gewusst zu haben, wie es jagdlich weitergehen würde. Jeder Zehnte gab an, damals nicht gewusst zu haben und vielleicht auch heute immer noch nicht zu wissen, ob das Ganze überhaupt das Richtige ist.
Bei manchen ist das Jagen eher eine Option für später, zumindest eine Person brauchte den Jagdschein für die Laufbahnbefähigung. Immerhin jeder fünfte Befragte gab zu Protokoll, aktiv Jagdhorn zu spielen, genauso viele erklärten, in der Kreisjägerschaft aktiv zu sein. Mehr als die Hälfte gab an, Begehungsschein-oder-irgendetwas-in-der-Art-Inhaber zu sein, also jagdlichen Anschluss gefunden zu haben, wobei die Tendenz mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Prüfung stieg.
Jagdlich Anschluss zu finden hatte sich gut ein Drittel einfacher vorgestellt, knapp die Hälfte gab an, dass dies insgesamt eher mittelprächtig klappen würde, während ein Viertel fand, dass das doch eigentlich ganz easy sei. Mittelfristig soll es bei einem Drittel der Befragten ein eigenes Revier werden, bei gut der Hälfte gehört dann auch ein Jagdhund dazu. Und während die einen unbedingt noch den Fallenjagdschein machen wollen, gehen die anderen lieber beizen.
Lag die Anzahl Jagdscheininhaber bis zur Wende relativ konstant bei rund 260 000, stieg sie in Folge der Wiedervereinigung auf über 310 000 an. Im letzten Jahr wurden bundesweit erstmals offiziell über 400 000 Jagdscheininhaber ausgewiesen. Auch die Anzahl der Jagdreviere stieg im Zuge der Wiedervereinigung – allerdings vorrausichtlich das erste und letzte Mal in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Anzahl Jagdreviere in Nordrhein-Westfalen ist mit gut 8400 Revieren relativ konstant. Zieht man davon noch die rund 4000 Eigenjagden ab, wird schnell klar, warum in der Umfrage wiederholt beklagt wurde, dass „ohne Beziehungen nichts geht“.
Tim Jacobsen
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