"Now, here, you see, it takes all the running you can do, to keep in the same place. If you want to get somewhere else, you must run at least twice as fast as that!"

Schlagwort: KI

Leider keine Bring-, sondern eine Holschuld

Hätten Sie gewusst, wann der erste Mähroboter auf den Markt kam? Im schwedischen Motala dreht der weltweit dienstälteste Solar Mower seit dreißig Jahren zuverlässig seine Runden. Ein Zeitungsartikel hatte seinerzeit Ingemar Carlssons Interesse geweckt, der zufällige Kontakt mit einem Husqvarna Händler bei einer Weihnachtsfeier ihm das Erstlings-Exemplar beschert. Ein wasserdichter Business Case, ein wahrer Meilenstein und doch nur ein Zwischenschritt hin zu dem, was Ihnen präsentiert wird, wenn Sie im Internet nach Humanoiden Robotern suchen. Es dauert nicht mehr lang und die Maschinenwesen können selbständig den guten alten Spindelmäher reaktivieren und die Mähroboter in den Ruhestand schicken.

Weiter in Sachen Künstlicher Intelligenz: Wofür steht eigentlich die Top-Level-Domain .ai? Artificial Intelligence liegt zwar auf der Hand, in Wahrheit ist diese Endung, mit der im Internet viele Webseiten gekennzeichnet werden, die irgendwas mit KI machen, das Länderkürzel des britischen Überseegebiets Anguilla, das ganz nebenbei mit den Lizenzeinnahmen seinen Staatshaushalt querfinanziert. Und wie lange es wohl gedauert hat, bis ChatGPT die für-alles-im-Internet so wichtige Schallmauer von einer Million Nutzer durchbrach?

Zwei kleine Hinweise: bei Netflix dauerte das dreieinhalb Jahre, bei Instagram dann nur noch zweieinhalb Monate und bei ChatGPT im November 2022 nicht einmal mehr fünf Tage. Das wirklich Erstaunliche daran ist, dass ausgewiesene Experten kurz zuvor noch auf eher fünfzig Jahre getippt hatten. Zweifelsohne ein kolossaler Durchbruch, der natürlich aber nicht ohne entsprechende Rechenleistung möglich wäre. Und da wird dann schnell ein Energie- und Ökologiefragstück daraus. Ähnlich wie Pflanzen gegossen werden müssen, verbraucht ein Durchschnittsgespräch mit einem der Large Language Models einen halben Liter Wasser. Und das Training so einer KI verbraucht so viel Energie wie ein durchschnittlicher US-Haushalt samt ortsüblicher monumentaler Kühlschränke in 41 Jahren.

Und während der britische Fernsehsender Channel 4 am 20. Oktober 2025 eine Doku mit dem Titel „Wird künstliche Intelligenz meinen Job übernehmen?“ sendete, an deren Ende die Moderatorin „Ich existiere nicht, die künstliche Intelligenz hat mein Bild und meine Stimme erschaffen“ enthüllte und damit für Puls bei so manchem Zuschauer sorgte, hatte in einer japanischen Kleinstadt bereits 2018 ein Chatbot für den Bürgermeisterposten kandidiert.

„Künstliche Intelligenz ist für uns alle Neuland.“ Das muss nicht so bleiben

Ab dem 9. November wird in den Hannoveraner Messehallen zu sehen sein, wie sich KI und Landtechnik gegenseitig befruchten. Menschen fehlen, Automatisierung, Robotik und KI müssen zwangsläufig übernehmen, wollen wir auch weiterhin säen und ernten. Dass das alles aber leider nicht ohne mögliche Komplikationen für uns einhergeht zeigt bspw. der Automation Bias. Und der schlägt zu, wenn Menschen der Maschine mehr als dem gesunden Menschenverstand glauben und dann auf dem Forstweg statt an Oma Hildegards Kaffeetafel landen. Oder der absolute MonsterGAU, Opfer einer Ransomwareattacke zu werden. Auf dem Zwiebelforum 2026 werden wir live und in Farbe einen Hackingangriff vorgeführt bekommen, im Preis inbegriffen sind Tipps und Tricks, wie sich so etwas verhindern lässt. Dass KIs zuweilen menschliche Eigenschaften angedichtet werden, zeigt, dass sich hinter „schwachen KIs“ Algorithmen verbergen, die nur eine begrenzte Anzahl von Aufgaben lösen können. Und es ist tatsächlich so, dass – fast wie im echten Leben – Zuckerbrot und Peitsche im Prompt ChatGPT dazu ermutigen, die Quellensuche etwas gründlicher zu betreiben.

Was steht als nächstes an? Generation Alpha, die nach 2010 Geborenen, wird übernehmen, physisches, digitales und virtuelles Leben zunehmend verschmelzen. Alles, was heute digital ist, wird KI-fähig werden. Und alles, was KI-fähig ist, wird mithilfe natürlicher Sprachkonversation kommunizieren können. Während Sie morgens auf Ihren Kaffee warten, setzen Sie Ihre Smart Glasses auf und fragen Ihren KI-Assistenten: „Was habe ich verpasst?“ Der KI-Agent wird liefern. Und dann haben wir es noch gar nicht über Quantencomputer gehabt, die statt Einsen und Nullen Protonen, Neutronen und Elektronen verarbeiten können und für die bspw. dann unsere heutigen Verschlüsselungsverfahren gewissermaßen mit dem Zahnstocher zu knacken sein werden. Noch nie war es so leicht, mit einmal kurz den Kopf in den Sand zu stecken, den Anschluss zu verlieren. Es bleibt spannend.

New Realities. Stories von Kunst, KI & Arbeit

Künstliche Intelligenz ist ein stark diskutiertes Thema in Gesellschaft, Kultur und Medien. Dabei tauchen mehr Fragen als Antworten auf. Noch ist unklar, inwieweit die breite Verfügbarkeit und der Einsatz von KI unser Leben beeinflussen wird. So scheint die kreative Schaffenskraft der KI in Wort, Schrift und Bild kaum Grenzen zu kennen.

Die Kabinettausstellung New Realities. Stories von Kunst, KI & Arbeit im Berliner Museum für Kommunikation präsentierte im Sommer 2024 eine spannend kuratierte Schau fotorealistischer KI-Bilder, die die Arbeit zwischen Menschen und KI beleuchtet. Zugleich ging es um den Wert digitaler Arbeit und die neuen Arbeitsbedingungen der so genannten Annotierenden. Die Gäste tauchten ein in eine Welt voller Geschichten rund um einen „Arbeitsplatz“, den die Kuratorinnen Dr. Annabelle Hornung, Maren Burghard und Stephanie Müller nach einem Vorschlag der KI real im Ausstellungsraum nachgebildet haben. Die Inhalte und Objekte – Notizzettel und Poster an den Wänden, Fotos und Postkarten auf dem Schreibtisch sowie Hörstationen – waren das Ergebnis einer kreativen Zusammenarbeit mit der KI.

Dabei wurde deutlich, dass die Darstellung der Realität durch KI nicht immer unproblematisch ist. Diffusionsmodelle generieren Bilder, indem sie die semantische Struktur ihrer Trainingsdaten – also Beschreibungen und Kontext – mit latenten visuellen Informationen verbinden. Sie schaffen keine Repräsentation visueller Realität, sondern synthetisieren Ergebnisse basierend auf Wahrscheinlichkeiten und Text-Bild-Zusammenhängen. Die entstehenden Bilder sind daher symbolisch organisiert, da die Semantik der Annotationen eine zentrale Rolle spielt. Die Ausstellung thematisierte, wie die durch Sprachanweisungen gesteuerte KI oft auf Klischees aus ihren Trainingsdaten zurückgreift und damit „neue Realitäten“ schafft. Diese Realitäten fordern unsere Auffassung von der Welt heraus, weil sie unsere Sehgewohnheiten irritieren. Die Ausstellung verbindet verschiedene Medienformate und Erzählstränge miteinander.

Die nächste Station der „New Realities“-Reihe wird im März 2025 im Museum für Kommunikation Frankfurt präsentiert. Die Ausstellung trägt den Titel „New Realities: Fashion Fakes – KI-Fabriken“ und setzt einen neuen Schwerpunkt: Mode. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, was passiert, wenn Künstliche Intelligenz die Modewelt neu erfindet. Mode ist seit jeher ein kulturelles Phänomen, das sich stark über seine Darstellung und visuelle Kommunikation definiert – etwa durch Modefotografie oder Inszenierung. Die Ausstellung wird untersuchen, wie generative KI diese Darstellung verändert.

Tim Jacobsen

Daisy in Plauderlaune

Daisy hat alle Zeit der Welt. Wer die alte Dame in der Leitung hat, dem klingeln die Ohren – und das ist auch gut so. Denn Daisy spricht mit Betrügern, die irgendwo in Callcentern sitzen und Menschen übers Telefon dazu bewegen wollen, Daten preiszugeben oder Geld zu überweisen.

Und obwohl die Tricks der „Scammer“ weithin bekannt sind, verfangen sie noch immer – und das nicht nur bei Älteren. Wessen Herz würde nicht zumindest ein kleines bisschen schwach, wenn ein naher Angehöriger in Not ist und jemand dringend Hilfe benötigt, auch wenn der Verstand klar eine andere Sprache spricht. Für solche Fälle ist seit Mitte November 2024 zumindest für O2 Telefonkunden in Großbritannien Daisy da.

Es nicht die berühmte 32168 sondern die 7726 und damit nichts anderes als die Buchstaben Spam (die Älteren erinnern sich), die gewählt werden müssen, und schon übernimmt Daisy die Sache. Bei ihr sind die Scammer bestens aufgehoben, denn Daisy ist eine KI. Sie ist mit ihrer freundlichen Großmutterstimme darauf programmiert, Anrufbetrügern das Geschäft zu vermiesen:

Wenigstens solange sie Daisy in der Leitung haben, können die Schurken keine echten Menschen anrufen und übers Ohr hauen. Ausgedacht hat sich diese menschenfreundliche Künstliche Intelligenz die Telefongesellschaft O2, mit der Programmierung hat sie den versierten „Scambaiter“ Jim Browning betraut.

Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ein IT-Crack aus Nordirland, dessen Aufklärungsvideos bei Youtube sehr empfehlenswert sind. Er schlägt Onlinebetrüger mit ihren eigenen Mitteln, hackt sich in ihre Netzwerke und zeigt, wie sie ihr verbrecherisches Geschäft betreiben.

„Hallo, ihr Scammer, ich bin euer größter Albtraum“, begrüßt Daisy fröhlich ihr Zielpublikum in dem Werbevideo, mit dem O2 die Oma-KI vorstellte. In dem Video ist zu sehen, wie beleidigt die Betrüger sind, wenn sie merken, dass sie die Betrogenen sind. „Ihre Aufgabe ist es wohl, Leute zu belästigen“, entrüstet sich ein Scammer. „Das dauert schon fast eine Stunde“, ruft eine Betrügerin angesäuert in den Hörer.

„Mein Gott“, antwortet Daisy ungerührt, „wie die Zeit verfliegt“. Ob sie wohl auch die Oberhand behielte, wenn am anderen Ende der Verbindung ebenfalls eine KI sitzt? „Seien wir ehrlich“, sagt Daisy, „ich habe alle Zeit der Welt.“ Auf Reddit wurde schon extrapoliert: „Bis 2030 werden 90 % der Telefonanrufe von KI-Scambots ausgehen, die mit KI-Großmüttern sprechen.“

Daisy kombiniert verschiedene KI-Modelle, die zusammenarbeiten, um dem Anrufer zunächst zuzuhören und seine Stimme in Text umzuwandeln. Anschließend generiert es über ein benutzerdefiniertes einschichtiges großes Sprachmodell Antworten, die der „Persönlichkeit“ des Charakters entsprechen.

Diese werden dann über ein benutzerdefiniertes Text-to-Speech-Modell zurückgekoppelt, um eine natürliche Sprachantwort zu generieren. Dies geschieht in Echtzeit, sodass das Tool ein menschenähnliches Gespräch mit einem Anrufer führen kann. In der Rolle einer einsamen und scheinbar etwas verwirrten älteren Dame täuscht sie den Betrügern vor, sie hätten ein perfektes Ziel gefunden, während sie sie in Wirklichkeit mit ihren eigenen Waffen schlägt.

Tim Jacobsen

Kontrolle und Regulierung von KI

Zwar hat sich Bonn im Großen und Ganzen prächtig entwickelt, seit die Hauptstadtwürden dem logischeren Kandidaten Berlin zugetragen wurden, dennoch stolpert man immer wieder über die kleinen Nickligkeiten, an denen sich feststellen lässt, dass früher mehr Lametta war. Da ist dann auf einmal der Bonner Hauptbahnhof weitgehend abgeschnitten vom überregionalen Reiseverkehr oder zieht es die jungen Karrieristen doch eher in die Berliner Amtssitze der auf ehemalige und aktuelle Hauptstadt verteilten Amtssitze unserer Bundesministerien.

Auch die Bonner Dependance des lange unter Renovierungsarbeiten leidenden Deutschen Museums in München musste sich ein bisschen Recken und Strecken, bevor Finanzierung und thematische Ausrichtung standen. Auch wenn Künstliche Intelligenz vielleicht nicht unbedingt das erste ist, was einem unter dem Stichwort museale Anschaubarkeit einfällt, fiel die Wahl genau auf dieses Themengebiet, das trotz aller Abstraktheit heute bereits große Auswirkungen auf unseren Alltag hat und immer Lebens-bestimmender werden wird. Ob tatsächlich, wie, was und warum versucht die Veranstaltungsreihe „KI erklärt“ einzuordnen.

Mitte November erläuterte Was Rahman, Coventry University, die Grundlagen hinter KI-Technologien. Prof. Dr. Olivia J. Erdélyi, University of Canterbury, beleuchtete, wie KI-Regulierung aussehen könnte. KI enmystifziert sich schnell selbst, wenn man gewissermaßen einmal hinter die Kulissen kuckt, oder wie Rahman es mit dem Arthur C. Clark Zitat zum Ausdruck brachte: „Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht mehr zu unterscheiden.“ Und dann hat viel der Faszination über oder auch der Angst davor damit zu tun, dass wir nicht verstehen, wie das Ganze funktioniert. Genauso wie es den Menschen ergangen sein mag, die zum ersten Mal elektrisches Licht sahen.

Und genauso wie Ameisen und Brieftauben weniger intelligent als wir Menschen scheinen, aber erstgenannte in kürzester Zeit gemeinsam hochkomplexe Bauwerke errichten und zweitgenannte über hunderte von Kilometern wieder zurück in den heimischen Schlag finden können, ist das mit der Definition von Intelligenz so eine Sache: Wie smart ist ein Kühlschrank, der einen auf Ablaufdaten hinweist und womöglich selbst Dinge nachbestellt? Wie klug sind Alexa, Siri und Techniken zur Gesichtserkennung? Solange die Technologien nur faszinieren, ist das Rahman zufolge noch kein Beweis für Intelligenz.

Und faszinierend können die mit KI erzeugten Ergebnisse ja sein, auch wenn sie letztendlich nur Regeln, Logik und Wahrscheinlichkeiten widerspiegeln. Die Wahrscheinlichkeiten wiederum werden mit Hilfe sog. historischer Daten errechnet, mit denen die KI trainiert wird: welche Entscheidungen waren erfolgreich, welche waren weniger erfolgreich. Das allzu menschliche „warum“ spielt in dem Zusammenhang dann keine Rolle, Korrelation schlägt Kausalität. Und dann stellt sich die Frage nach „gut“ oder „schlecht“ eher weniger, da es letztendlich auf ein „anders“ hinausläuft. Der Gütegrad dieser „anderen“ Art der Entscheidungsfindung mit Hilfe von KI ist hauptsächlich abhängig von der Qualität der für das Training verwendeten Daten.

Rahman schilderte das Beispiel eines medizinischen Diagnostiktools, das dem Arzt in Fleisch und Blut weit überlegen ist. Oder die Möglichkeit des Einsatzes von KI zum Aufspüren dubioser Finanztransaktionen, was ohne KI oder hinreichenden Anfangsverdachts so gut wie unmöglich war. Er wusste aber auch von einem im Personalwesen verwendeten Entscheidungshilfetools zu berichten, das mit Daten trainiert wurde, die in Folge zu struktureller Diskriminierung führten – und schon nahm die Diskussion um die Forderungen nach Transparenz und Erklärbarkeit der Entscheidungsfindung Fahrt auf. Und da stoßen kommerzielle Anwendungen dann schnell an die Grenzen des Geschäftsgeheimnisses.

Erdélyi erklärte, welche Akteure sich derzeit im Bereich der KI-Regulierung tummeln. Als eine Einführungslektüre in die Gestaltung möglicher Standards verwies sie auf https://oecd.ai/en/ai-principles. Allerdings, und auch das wurde in der Diskussion schnell deutlich, gibt es eine Vielzahl von Akteuren, die außerhalb unserer Rechtsprechung agieren, seien es nun autokrate Staaten, Kriminelle oder die Art von Diensten, die seit jeher das Licht der Öffentlichkeit scheuen. Wie komplex Handlungsempfehlungen sein können zeigte sie an drei Beispielen:

Ein autonom fahrendes Auto hat jeweils nur zwei Möglichkeiten: Im ersten Fall entweder junge oder alte Menschen zu überfahren – auf der linken Spur die Jungen, auf der rechten die Alten. Im zweiten Fall entweder gegen ein Hindernis fahren, was unweigerlich zum Tod der Person am Lenkrad führen wird oder in eine Gruppe Menschen. Im dritten Fall stehen zwei Fahrradfahrer im Weg: lieber den mit Helm anvisieren oder den ohne Helm? Drei Fragestellungen, für die auch Mitte November im Vortragssaal des Bonner Deutschen Museums keine abschließende Lösung gefunden wurde, die auch nicht ganz neu sind, aber das strukturelle Dilemma gut charakterisieren. Tim Jacobsen

Sascha Lobo erklärt die Welt (und KI)

Das Nachmittagsprogramm des 15. IVG Forums Gartenmarkt startete im Kampf gegen das Suppenkoma interaktiv – Quizmaster Andreas Steinle legte dem Auditorium eine Reihe von Fragen zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) vor, die mit zu wenig Zeit, um das allwissende Internet befragen zu können, beantwortet werden sollten.

Team „Du weißt schon“ konnte sich den ersten Platz sichern und um unseren geneigten Lesern nun nicht das Vergnügen zu nehmen, selbst grübeln zu dürfen, falls Sie einmal in eine ähnliche Veranstaltung geraten sollten, sei an dieser Stelle nur so viel verraten: das naheliegendste ist, wie so oft im Leben, nicht immer die beste Lösung.

Damit rollte der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts gewissermaßen auch den roten Teppich aus für den zumindest dem Programmverlauf nach main act des Tages. Niemand geringerer als Sascha Lobo, der Mann mit dem bunten Irokesen, versuchte KI und Gartenwelt unter einen Hut zu bringen. Die vielleicht größte Überraschung gleich zu Beginn:

Lobo, bei dem man nicht überrascht wäre, würde er tatsächlich im Internet wohnen, outete sich nicht nur als Gartenbesitzer, sondern auch als Garten- und Heimwerkermarktbesucher, der noch dazu deutlich mehr Geld ausgeben würde, gäbe es technisch ausgereiftere Lösungen, die, etwas zugespitzt formuliert, mindestens Internet-fähig, am Besten Cloud-basiert seien und irgendwo sollte bestenfalls irgendwas mit KI passieren.

Wenn man Lobo schon einmal zugehört hat, erinnert man sich schnell daran, dass ein bisschen Deutschland-Bashing zum guten Ton gehört. Wir sind und bleiben nun einmal digitale Schnarchnasen und als Investitions-averses Land drohe uns nichts weniger als der Niedergang:

„Wenn unser Land da nicht mächtig nachzieht, wird es in zehn Jahren kein wohlhabendes Land mehr sein.“ Während nahezu überall auf der Welt bahnbrechende digitale Entwicklungen vermeldet werden, würden „deutsche Medien noch über Faxgeräte Vergleichstests berichten.“

Eines der Probleme sei, und das ist ein bisschen Lobos Mantra, die „Arbeitskultur“ bei uns. Wir müssten eigentlich, statt „alles erst bis zur Perfektion auszuprobieren“, uns eher „voranscheitern“.

Sonst werden wir bald nur noch „Produkte für die Vergangenheit“ entwickeln, da der Rest der Welt schon „fünf Generationen“ weiter sei. Einmal über den Atlantik ginge nun einmal alles etwas schneller. Moderna bspw. entwickelte in nur 48 Stunden mit Hilfe von Datenströmen einen Covid 19-Impfstoff. Dass es noch Zeit brauchte, bis der dann tatsächlich auf den Markt kam, lag an behördlichen Auflagen.

Einmal nicht Kodak oder Nokia zeigte Lobo am Beispiel von WeightWatchers, wie schnell die Entwicklung über einen hinweg sausen kann. Die Möglichkeit, mit Hilfe von KI eine sehr akkurate Schätzung des Kaloriengehalts der auf einem Handyfoto abgebildeten Mahlzeit zu haben könnte in Gewichtsreduktionswilligen Haushalten Waagen und entsprechend kostenpflichtige Abnehmgemeinschaftsabos überflüssig machen.

Von unseren Bademeistern wird in Zeiten des Fachkräftemangels wahrscheinlich keiner arbeitslos werden, dank einer KI, die auffällige Bewegungsmuster entdeckt und Alarm auslöst, wenn jemand in Not ist, könnten aber zukünftig vielleicht wieder mehr Schwimmbäder geöffnet werden, die jetzt noch aus Personalmangel geschlossen bleiben müssen.

Und wahrscheinlich wäre auch der Basilikum, den er als bekennender Techie mit einem Indooranzuchtgerät anzuziehen versucht hat, , besser geraten, hätte sich die Maschine KI-Unterstützung holen können. Im Großen ginge das ja auch schon: KI gesteuert lassen sich Schädlinge und Unkräuter zweifelsfrei zuordnen. Lobo nannte CropX und Plantix als Beispiele für KI-Unterstützung in der Landwirtschaft, MyGardenGPT.com entsprechend ein Beispiel für den Galabau.

Um mit einer guten Nachricht für die Anfang November in Düsseldorf zahlreich anwesenden Gartenmarktverantwortlichen das Forum Gartenmarkt zu beschließen, prophezeite Lobo, dass Garten- und Heimwerkermärkte gewissermaßen prädestiniert dafür seien, im Abverkauf „menschlicher“ Roboter in nicht allzu ferner Zukunft eine große Rolle spielen zu können.

Wer nun Lust auf mehr von und mit Lobo bekommen hat, sollte je nach verfügbarer Zeit entweder in den 158. Podcast von „Hotel Matze“ oder den fast sechseinhalbstündigen „Alles gesagt“ vom 6.12.2022 reinhören.

Tim Jacobsen