"Now, here, you see, it takes all the running you can do, to keep in the same place. If you want to get somewhere else, you must run at least twice as fast as that!"

Schlagwort: Messe

Auch 2023 Stau in und um Essen

Die IPM-Woche fing zumindest für die Zierpflanzengärtner relativ entspannt an. Hatten die sich selbst gern als Saubermänner gerierenden Südtiroler Obstbauern mit unvorteilhaften Rückstandsanalysen zu kämpfen, setzten die Gebühren-finanzierten Öffentlichen mit „Grün und exotisch – mehr Umweltschutz im Blumentopf“ positive Akzente.

Schlag auf Schlag ging es dann weiter: Noch bevor überhaupt ein Besucher, eine Besucherin einen Fuß auf bzw. in die Messe setzen konnte, war Sabine Platz bereits in den Messehallen unterwegs und servierte weder kalten Kaffee noch Frühstücksei, sondern warf in drei Live-Schalten lieferte sie einen begeisterten und ausgesprochen positiven Blick auf die Branche.

Nach zweijähriger unfreiwilliger Pause freute sich wahrscheinlich so manches, mancher und manche auf die Gelegenheit, in Essen endlich wieder Geschäftspartner, Freunde und Bekannte zu treffen. Die Messe machte mit einem toften Video, das auch eingangs der Eröffnungsveranstaltung gezeigt wurde, zusätzlichen Appetit auf einen strikt weltlichen Messebesuch. Aussteller aus 45 Nationen wurden erwartet, als Partnerland präsentierte sich Großbritannien.

Unterstützt vom britischen Außenhandelsministerium und der britischen Botschaft präsentierten die Aussteller auf dem Gemeinschaftstand in Halle 7 gewissermaßen grünbritische Produkte. Weiteres Highlight war das Internationale Gartenbauforum unter dem Motto `Quintessentially Green & British´ mit einmal mehr Nachhaltigkeitsthemen, dem Wert neuer Pflanzen und in gewisser Weise selbst verschuldetem Grenzbetriebsmodell.

Der Geschäftsführer der Messe Essen, Oliver P. Kuhrt, hängte die Kirschen ganz nach oben: „Der Wunsch nach Informationsaustausch und Innovationen ist angesichts aktueller wirtschaftspolitischer und ökologischer Herausforderungen hoch. Die IPM bietet die optimale Plattform, um Lösungen rund um Themen wie eine nachhaltige Produktion, fragile Lieferketten oder den Fachkräftemangel zu erarbeiten.“

Im Ausstellungsbereich Pflanzen waren wie in den guten alten Präcoronazeit in den Hallen 1, 2, 5, 6, 7, 8 und der Galeria Schnittblumen, Beet- und Balkonpflanzen, Kräuter, Naschgemüse und Zimmerpflanzen bis hin zu Weihnachtsbäumen, Stauden und Gehölzen vertreten. Themenrundgänge zu Klimabäumen und legten den Fokus auf möglichst nachhaltige Pflanzensortimente. Im Technikbereich in den Hallen 3, 4 und der Galeria gehörte die ressourcenschonende Produktion zu den Top-Themen.

Torfreduktion, Start-ups und smarte Technik sollten Besucher in das Innovationscenter Gartenbautechnik locken. In Halle 5 wie immer Steckschwämme, Schleifenband, Filze, Vasen, Übertöpfe, Pflanzschalen, Deko-Elemente und Grußkarten. Der Concept Store mit ergänzenden Sortimenten wie Tableware und Feinkost präsentierte sich etwas gar luftig. Nicht über Platzmangelbeklagen musste sich auch der Gemeinschaftsstand `Junge Innovative Unternehmen´ in Halle 5.

Das IPM Discovery Center in Halle 7 inszenierte ein bisschen auch sich selbst, genauso wie die Green City in Halle 1A die einen mit Live-Floristik aus Meisterhand lockte, die anderen mit dem eher nüchtern angelegten Infocenter Gartenbau. Beim `Show Your Colours Award´ wurde die beste Marketing-Story preisgekürt. Das Thema des Floristikwettbewerbs in den Kategorien `Strauß´, `Grüner Held im Topf´ und `Gefäßpflanzung´ lautete `Mission: Flower Future´.

Wie Konzepte und Kooperationen für hochwertige grüne Produkte begeistern können, war beim Gang über den Landgard-Messestand zu sehen. Eines der Highlights war die Landlust-Kollektion, dem einen oder der anderen bekannt vom Bahnhofskiosk, in dem die Magazine, die sich dem Leben auf dem Land und wie es in einer idealen Welt vielleicht sein könnte, längst den Motorsport-Magazinen die Regalmeter abgelaufen haben.

Produkte ausschließlich von Betrieben, die für besondere Qualitäten stehen sowie die zwei starken Partner überzeugten auch die Juroren, die der Kollektion vor kurzem den Titel `Beste Kooperation 2022´verliehen. `Starke Typen´ mit leicht zu formendem Ilex als Buchsbaumersatz, `Wat ne Hübsche´ mit Rhododendron-Hybriden und das Rosen-Konzept `Blühende Schönheit´ sowie italienisches Flair mit `Figaro Botanico´ und die altgedienten `Biene Maja´, `Minions´, `Jurassic World´, `Sansibar´, `Eataliano´ und `Eataliano biologico´, `Gärtnerware´, `IssBio´ und `Respect Nature´ zeigten einen guten Querschnitt durch das konzeptionell mögliche und vorhandene.

Ganz Londoner  Hyde Park war die Speakers‘ Corner mit ihren täglich wechselnden Themenschwerpunkten. Am ersten Messetag standen Marktprognosen und Trends im Fokus. Besagter Romeo Sommers sowie Manfred Hoffmann vom Fachverband Deutscher Floristen präsentierten Trends, Inspirationen und Ideen für 2023. Monique Kempermann vom Blumenbüro Holland versuchte `Nachhaltigkeit vs. Verbraucher´ in Einklang zu bringen.

Moderne Personalführung war Schwerpunkt des zweiten Messetages, hier stellte unter anderem der Landesverband Gartenbau NRW seinen Grünen Campus vor. Best Practices aus dem Bereich Kommunikation standen am dritten und vorletzten Messetag auf der Agenda. Torsten Brämer von `Wir sind Garten´ und Michael Perry, bekannt auf Insta unter Mr Plant Geek plauderten aus dem Social Media Nähkästchen. Nicht fehlen durfte in dem Zusammenhang Tristan Heinen-Bizjak. Der letzte Messetag widmete sich den Marktveränderungen im Gartenbau, Nabu und Bundessortenamtes schmissen die Veranstaltung.

Beruf+Zukunft gab es auch auf der IPM Essen und zwar ebenfalls in Form eines Forums. Kurzknackige Impulsreferate sollten Absolventen Erfahrungen und Tipps liefern. Eliot Barden brauchte diese wohl nicht mehr, er gewann zuvor bereits die Kategorie `Young IGOTY´. Auf einen Abendkurs der Royal Horticultural Society im Alter von 15 Jahren folgte ein Studium in den Kew Royal Botanic Gardens, bevor er 2018 zu Majestic Trees kam.

„Es gibt zwei Gründe, warum wir Eliot Barden zum Gewinner des Young IGOTY gewählt haben“, erklärte der Präsident der AIPH und Capitano der Vivai Capitanio, Leonardo Capitanio. „Erstens hat er genaues technisches und berufliches Fachwissen bewiesen. Zweitens investiert Eliot kontinuierlich in das Wachstum und die Entwicklung seiner Fähigkeiten, um sein höchstes Potenzial zu erreichen“.

In der Erwachsenenkonkurrenz ging AIPHs `Goldene Rose´ bzw. der Titel` International Grower of the Year´ an Brookdale Treeland Nurseries Ltd (BTN), mit 800 ha einer der größeren kanadischen Betriebe. Oberbaumschulist Jeff Olsen kommentierte ganz amerikanisch: „Wir fühlen uns unglaublich, so gesegnet, dass wir mit diesen Auszeichnungen geehrt werden. Es bedeutet mir persönlich und unserem gesamten Team in Kanada so viel. Wir freuen uns so sehr, ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen.“

Gold gab es für BTN auch in der Kategorie Finished Plants & Trees und damit noch lange nicht genug auch noch Bronze in der Kategorie Sustainability. Das niederländische Vermarktungsurgestein Bernard Oosterom kommentierte: „Brookdale Treeland Nurseries zeichnet sich als zukunftsorientiertes Unternehmen aus, das mit einem breiten Sortiment und immer neuen Sorten immer wieder etwas Neues in die Branche bringt. Das Unternehmen setzt auf nachhaltige Produktion und Innovation und engagiert sich für den Wissensaustausch und den Aufbau eines starken Teams. Sein dynamischer Ansatz hat es ihm ermöglicht, neue Produkte und Märkte zu entwickeln, und es ist gut aufgestellt, um die Branche in den kommenden Jahren anzuführen.“

Tim Jacobsen

Stimmungskiller Black Friday

Mit „meet onsite again“ macht Ende November die Messe Berlin noch Appetit auf ihr für Anfang Februar 2022 geplantes Paradepferd Fruit Logistica. Das heiß ersehnte „Face-to-Face“ bringt natürlich so seine Tücken mit sich, und so häufen sich die Pressemitteilungen der Messeveranstalter, in denen, wenn nicht sowieso gleich zur ultima ratio – der Absage – gegriffen wird, zumindest die Zugangsbeschränkungen in immer engerer Taktung verschärft werden.

Gepaart mit Inzidenzen in vor einem Jahr noch unvorstellbaren Höhen und einer Hospitalisierungsrate, die derzeit ebenfalls nur eine Richtung kennt, scheint zumindest eine Reiserücktrittsversicherung für den Fall der Fälle dringend angeraten. Es wird wahrscheinlich nicht ohne ein kleines Wunder gehen, sollen die geplanten Großveranstaltungen in Essen, Berlin und Friedrichshafen tatsächlich anschließen an die superpositiven Messeerfahrungen, die viele von uns zuletzt noch in Aalsmeer, Visselhövede oder Karlsruhe machen durften.

War es früher nur vor Gericht und auf hoher See, dass einem zumindest im Sprichwort die Kontrolle über das eigene Wohl und Wehe von größeren Mächten aus der Hand genommen wurde, sind es nun die Infektionszahlen, die einen Großteil unseres Miteinanders quasi fernsteuern. Ein Blick in die Krankenhäuser genügt, um einen die Alternativlosigkeit möglicher Absagen klaglos akzeptieren zu lassen. Lassen Sie uns dennoch auf das Beste hoffen!