Mitte März war eine der Hauptfragen des online abgehaltenen zweiten FAZ-Kongresses: Wie gut steht Deutschland in der Krise da? Jens Spahn ließ in der Beantwortung dieser Frage keine Zweifel aufkommen: Besser als man denkt. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte eingangs der Veranstaltung: Wir sollten uns in der Corona-Krise nicht von Schwarzmalerei anstecken lassen.

Schlussredner Sebastian Kurz gab sich optimistisch, dass im Sommer Normalität in das öffentliche Leben zurückkehren könnte. Der österreichische Bundeskanzler berichtete von einer Reise nach Israel: Dort kehrte angesichts einer hohen Durchimpfungsrate Anfang März die Normalität zurück. Kurz erläuterte, dass in Österreich mittlerweile wöchentlich mehr als ein Viertel der Bevölkerung getestet werde. Die hohe Zahl an Testungen sei zwar „kein Allheilmittel“, aber sie würde dazu beitragen, „dass die Ansteckungen nicht explosionsartig steigen“.

Auf die Frage, ob uns ein Zeitalter der Pandemie bevorstehe, erwiderte Kurz, er teile Steinmeiers Einschätzung, dass wir lernen müssten, mit dem Virus zu leben; er sei optimistisch, dass Corona „von einer pandemisch-politischen Frage wieder zu einer medizinischen Frage“ werde. Es sei zwar auch in Zukunft mit weiteren Mutationen des Virus zu rechnen, dafür müssten dann analog zur Grippeimpfung die Impfstoffe angepasst werden.

Gesundheitsminister Jens Spahn griff die Äußerung von Steinmeier auf, dass der deutsche Hang zum Perfektionismus nicht die wirksame Bekämpfung des Virus beeinträchtigen dürfe und Pragmatismus gefragt sei. Allerdings hielt Spahns Ankündigung, die Ausweitung der Schnelltest-Kapazitäten sei ein Paradebeispiel dafür, wie Bund, Länder und Gemeinden neue Maßnahmen in die Tat umsetzten, dem Realitätscheck nur wenige Tage später nicht stand.

Vielleicht ahnte er auch schon wie es weitergehen würde, als er sich während des Kongresses wünschte, dass den Entscheidungen von Bund und Ländern mit mehr Nachsicht begegnet werden sollte: „Dass nicht alles gleich ein Debakel und Desaster ist“, was nicht auf Anhieb reibungslos funktioniere. Es müsse auch in die Beurteilung einbezogen werden, dass „täglich viel gelingt“.

Auf seine Feststellung angesprochen, am Ende der Pandemie werde man einander manches verzeihen müssen, erklärte der Bundesgesundheitsminister, dass es nach zwölf Monaten Pandemie wahrscheinlich keine Entscheidung mehr gebe, „die nicht irgendjemand für falsch hält“; so gesehen, gebe es eben auch keine Entscheidung, „bei der ich nicht jemand um Verzeihung bitten müsste“.

Christian Lindner erinnerte daran, dass die politischen Entscheidungen nicht nur die Gesundheitsschäden, sondern auch die sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise einkalkulieren müssten. Die gesellschaftliche Akzeptanz der verhängten Einschränkungen sinke. Der FDP-Chef plädierte dafür, dass es außer in besonders von Corona belasteten Gebieten möglich sein müsste, „mehr zu öffnen“.

Tim Jacobsen