Zwar wollten die Grünen im Jahr 1998 auf ihrem Parteitag in Magdeburg den Benzinpreis gerne verdreifacht sehen, der Literpreis von fünf Mark geht jedoch auf den zu dieser Zeit amtierenden Leiter des Umweltbundesamt zurück, der zuvor auch ein generelles Tempolimit von 100 km/h gefordert hatte und sein politisches Zuhause in der liberalen Partei sah. Der Veggieday im Sommerloch des Jahres 2013 war dann ein Lehrstück für die Positionierung eines Wahlkampfthemas.
Das Einfamilienhäuserverbot und die Abschaffung von Inlandsflügen wurden zuletzt in der öffentlichen Diskussion nur noch übertroffen von der Diskussion um die Personalie des Tübinger Oberbürgermeisters. Das Wahlprogramm der Grünen hat zwar „Deutschland. Alles ist drin.“, 137 Seiten sind dann aber auch nicht beim Warten auf das Schnelltestergebnis gelesen und verdaut. Und so machen in den sozialen Medien immer wieder plakative Ausschnitte die Runde, wie so oft in der Verkürzung mit Vorsicht zu genießen.
Letzter Aufreger aus der vermeintlichen Verbotspartei ist die sog. Sustainable Event Scorecard, in der 47 Maßnahmen aufgeführt sind, mit deren Einhaltung bei der Organisation von Präsenzveranstaltungen in Berlin insgesamt 930 Punkte erzielt werden können. Ab 300 Punkten winkt ein Zuschuss von 25 € je teilnehmender Person, wird die Veranstaltung im Internet übertragen, legt die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop noch einmal 10 € obendrauf. Vegetarische oder vegane Veranstaltungsverpflegung sichert Zusatzpunkte, Bio sowieso und 60 % des monetären Wareneinsatzes sollte aus saisonal-regionaler Produktion stammen und regional verarbeitet sein.
Trinkwasser sollte folgerichtig dann auch nur als Leitungswasser serviert werden. Soweit, so gut, dass aber in Punkt 26 der Verzicht auf Blumenschmuck zur Dekoration ebenfalls Punkte sichern kann, wirkt doch mehr als nur ein bisschen lebensfremd. 10 Mio. € stehen insgesamt parat, ausgezahlt werden soll das Geld nach erfolgter Veranstaltung und Prüfung des Verwendungsnachweises. Fünf Anträge auf Nachhaltigkeitsförderung sollen bis Mitte Mai gestellt worden sein, 17 Anträge auf Basisförderung. Ein Schelm, wer nun unkt, dass die Floristinnen und Floristen in der Hauptstadt ja eine Anschlussverwendung in der Senatsverwaltung finden könnten.
Tim Jacobsen
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